Geheimring 99

Geheimring 99

Geheimring 99

Geheimring 99 – Originaltitel: The Big Combo – Regie: Joseph H. Lewis – Drehbuch: Philip Yordan – Kamera: John Alton – Schnitt: Robert S. Eisen – Musik: David Raksin – Darsteller: Cornel Wilde, Richard Conte, Brian Donlevy, Jean Wallace, Lee Van Cleef, Earl Holliman, Helen Walker, Robert Middleton, Jay Adler, Ted de Corsia u.a. – 1955; 85 Minuten

Inhaltsangabe

Susan Lowell ist die Geliebte des Gangsterbosses Brown. Er bietet ihr zwar ein Luxusleben, verlangt aber auch vollständige Unterwerfung. Als sie das nicht länger erträgt, versucht sie sich das Leben zu nehmen, wird jedoch gerettet. Der Polizeioffizier Leonard Diamond sucht nach Belastungsmaterial gegen Brown. Sein Chef unterstellt ihm, dass er in Susan vernarrt sei und den Verbrecher ins Gefängnis bringen wolle, um an sie heranzukommen ...
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Kritik

Sehenswert ist der 1954 gedrehte film noir "Geheimring 99" wegen der beispielhaften Kameraführung und der für die damalige Zeit erstaunlich unverblümten Darstellung des Zu­sam­men­hangs von Erotik und Sexualität, Macht und Abhängigkeit.
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Obwohl Polizei-Lieutenant Leonard Diamond (Cornel Wilde) 1953 bereits seit einiger Zeit gegen Mr Brown (Richard Conte) ermittelt, verfügt er noch nicht über Belastungsmaterial, das für eine Anklage vor Gericht ausreichen würde, denn der smarte Gangsterboss macht sich nicht selbst die Finger schmutzig. Captain Peterson (Robert Middleton) hält Leonards obsessive Bemühungen für aussichtslos und unterstellt ihm, er sei in Browns Geliebte Susan Lowell (Jean Wallace) vernarrt und wolle den Gangster ins Gefängnis bringen, um an sie heranzukommen.

Susan Lowell ist seit dreieinhalb Jahren mit Brown zusammen. Er bietet ihr zwar ein Luxusleben, verlangt aber auch vollständige Unterwerfung und lässt sie von seinen Handlangern Fante und Mingo (Lee Van Cleef, Earl Holliman) sowohl beschützen wie auch überwachen. Die beiden Männer teilen sich ein Zimmer und sind offenbar selbst ein Paar. Brown verachtet sie ebenso wie Joe McClure (Brian Donlevy), der ebenfalls für ihn arbeitet. Der narzisstische Gangsterboss ist überzeugt, dass er kraft seiner Persönlichkeit und Ausstrahlung allen anderen überlegen sei.

Als Susan die demütigende Beziehung nicht länger erträgt, schluckt sie in selbstmörderischer Absicht Tabletten und bricht beim Tanzen zusammen. Leonard besucht sie im Krankenhaus und hört, wie sie den Namen „Alicia“ murmelt. Bei einer späteren Vernehmung sagt sie, Brown habe diesen Namen mit dem Zeigefinger an ein angelaufenes Fenster geschrieben und weggewischt, als sie dazukam.

Brown behauptet, Alicia sei der Name eines Pferdes, aber das glaubt Leonard ihm nicht. Er zwingt den Verbrecher zu einem Lügendetektor-Test. Dabei schlägt die Nadel auch bei dem Namen Bettini aus.

Obwohl die 25-jährige Nachtklub-Tänzerin Rita (Helene Stanton) ahnt, dass Leonard nicht sie, sondern eine andere Frau liebt, warnt sie ihren Freund vor Mr Brown, nachdem sie Gerüchte gehört hat, denen zufolge Leonard in Gefahr ist.

Tatsächlich lässt Brown den Polizeioffizier von Joe, Fante und Mingo überfallen und entführen. Joe schmiert seine Komplizen mit Geld, damit sie es zulassen, dass er den auf einen Stuhl Gefesselten schlägt, obwohl Brown es verboten hat. Der Boss übernimmt es selbst, den Gefangenen zu foltern, aber er tut es so, dass keine nachweisbaren Verletzungen zurückbleiben: Er drückt Leonard einen Hörer ins Ohr und dreht die Lautstärke eines angeschlossenen Radios hoch, bis Leonard die Schmerzen kaum noch erträgt. Schließlich flößt er ihm gewaltsam Haarwasser mit 40 Prozent Alkohol ein und lässt ihn dann von Fante und Mingo vor die Tür der Privatwohnung Captain Petersons stellen.

Peterson glaubt zunächst, Leonard Diamond sei betrunken, aber sobald der Gefolterte dazu in der Lage ist, berichtet er, was geschehen ist.

Aufgrund der Ergebnisse des Lügendetektor-Tests sucht Leonard einen italienisch-stämmigen Amerikaner namens Ralph Bettini (Ted de Corsia) auf. Der hält Leonard zunächst für einen auf ihn angesetzten Auftragskiller. Als Leonard sich ausweist und nach Alicia fragt, sagt Bettini, sie sei mit Brown verheiratet gewesen. Nach zwei Jahren unglücklicher Ehe begann sie zu trinken. Bettini war dabei, als sie mit ihrem Mann 1946 auf einer Yacht in Streit geriet und danach in ihrer Kabine verschwand. Damals sah Bettini sie zum letzten Mal. Er ist überzeugt, dass Brown seine Frau ermorden und im Meer versenken ließ, weil der schwedische Kapitän Nils Dreyer (John Hoyt) im nächsten Hafen einen neuen Anker besorgte. Außerdem eröffnete Dreyer kurz darauf ein Antiquitätengeschäft – vermutlich mit Schweigegeld.

Leonard geht in den Laden, aber Dreyer ist nicht bereit, mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Brown erfährt von dem Besuch des gegen ihn ermittelnden Polizeioffiziers in dem Antiquitätengeschäft. Um herauszufinden, was Dreyer ausgesagt hat, beauftragt er seine Männer, ihn zu ihm zu bringen. Weil Dreyer eine Pistole bei sich hat, fühlt Joe sich bedroht und erschießt den früheren Kapitän.

Nach dem Fund der Leiche stößt Leonard in dem Antiquitätenladen auf Brown, der soeben das Logbuch aus dem Jahr 1946 verbrannt hat. Leonard kann allerdings ein altes Foto von Dreyer, Brown und Alicia sicherstellen. Einen Abzug davon gibt er Susan Lowell während einer Konzertveranstaltung. Sie konfrontiert Brown damit und unterstellt ihm, dass er Alicia umgebracht habe, aber er beteuert, sie lebe mit Grazzi, dem damaligen Eigner der inzwischen ihm gehörenden Yacht, auf Sizilien.


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Er beauftragt Fante und Mingo, Leonard Diamond zu töten. Die beiden treten dessen Tür ein und schießen auf die im Bett liegende Person, ohne genauer hinzusehen. Es handelt sich nicht um Leonard, sondern um Rita, die sich vom Pförtner den Schlüssel geben ließ und ihren Freund überraschen wollte.

Susan verlässt Brown und meldet sich bei Leonard Diamond im Büro. Alicia lebe auf Sizilien, sagt sie und zeigt ihm ein erst einige Monate altes Foto, das sie fand, als sie Browns Sachen durchsuchte. Weil auf dem Bild eine Schneelandschaft zu sehen ist, kann es nicht in Sizilien aufgenommen worden sein. Leonard spürt Alicia (Helen Walker) schließlich in einem Sanatorium auf, obwohl sie den falschen Namen Emily Jackson verwendet, aber sie ist nicht bereit, gegen Brown auszusagen, versucht auch nicht, ihre Eifersucht und ihren gegen Susan gerichteten Hass zu verbergen.

Als Joe herausfindet, dass die Polizei Kontakt mit Alicia aufgenommen hat, glaubt er, dass Brown am Ende sei. Er fordert Fante und Mingo deshalb auf, den verhassten Boss zu töten. In einem Flughafenhangar treffen sie alle vier aufeinander. Aber statt Brown zu ermorden, erschießen Fante und Mingo Joe. Dessen Leiche wird bald darauf aus einem Fluss geborgen.

Fante und Mingo verstecken sich auf Anweisung Browns im Weinkeller des Hotels, das dieser vor einigen Jahren Joe abgenommen hat. Nach zwei Tagen bringt Brown ihnen eine angeblich mit Geld gefüllte Zigarrenkiste. Als sie das Kästchen öffnen, explodiert ein Sprengkörper.

Fante ist sofort tot, aber bevor Mingo stirbt, kann er Leonard Diamond noch im Beisein von Zeugen bestätigen, dass Brown für die letzten drei Kapitalverbrechen verantwortlich sei.

Zur gleichen Zeit trifft Brown im Aufzug auf Susan und Detective Sam Hill (Jay Adler). Er schießt den Polizisten nieder und entführt Susan als Geisel. Brown beabsichtigt, mit einem Privatflugzeug zu fliehen. Im Hangar ohrfeigt er Susan. Durch das geöffnete Tor sieht er im Nebel die Scheinwerfer eines sich nähernden Autos. Leonard steigt aus. Brown schießt auf ihn, trifft ihn jedoch nicht, weil er ihn in dem dichten Nebel nur schemenhaft erkennen kann. Und dann blendet Susan den Verbrecher auch noch mit einem Scheinwerfer. Leonard beauftragt zwei Polizisten, den Gangsterboss abzuführen. Dann geht er mit Susan in den Nebel hinaus.

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Die Handlung des Gangsterthrillers „Geheimring 99“ ist abstrus, aber darauf kommt es nicht an. Sehenswert ist der 1954 gedrehte Schwarzweiß-Film wegen der hervorragenden Kameraführung und einiger Besonderheiten.

Vom Expressionismus inspiriert, arbeitet John Alton in „Geheimring 99“ meisterhaft mit Licht und Schatten. Eindrucksvoll sind auch die Bilder im dichten Nebel auf einem Flughafen, bei denen man sofort an das legendäre Ende von „Casablanca“ denkt.

Von 1934 bis 1967 wurde von den Filmgesellschaften in Hollywood erwartet, dass sie sich an die im Hays Code zusammengefassten Richtlinien über die Darstellung von sex and crime hielten. Vor diesem Hintergrund ist es überraschend, wie offen Philip Yordan (Drehbuch) und Joseph H. Lewis (Regie) in „Geheimring 99“ mit diesen Themen umgehen. Der Film dreht sich nicht nur um den Zusammenhang von Erotik und Sexualität, Macht und Abhängigkeit, sondern tangiert sogar ziemlich unverblümt das damals tabuisierte Thema Homosexualität.

Mitte der Fünfzigerjahre war die Zeit des film noir eigentlich schon vorbei. „Geheimring 99“ zählt wie „Rattennest“ (1955) und „Im Zeichen des Bösen“ (1958) zu den bemerkenswerten Nachzüglern.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2015

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