In aller Stille

In aller Stille

In aller Stille

Originaltitel: In aller Stille – Regie: Rainer Kaufmann – Drehbuch: Ariela Bogenberger – Kamera: Klaus Eichhammer – Schnitt: Georg Söring – Musik: Gerd Baumann – Darsteller: Nina Kunzendorf, Maximilian Brückner, Michael Fitz, Johann von Bülow, Lola Dockhorn, Michael A. Grimm, Sarah Lavinia Schmidbauer, Veronika Fitz u.a. – 2010; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Anja Amberger ist Polizistin in einer bayrischen Gemeinde. Sie und ihr Ehemann Franz haben sich getrennt. Der unregelmäßige Dienst, Überstunden und Nachtschichten erschweren es Anja, sich um ihre beiden Kinder zu kümmern. Eines Abends wird sie zu einer Frau gerufen, die glaubt, dass ein dreijähriger Junge in der Nachbarschaft vom Vater misshandelt wird. Bei der Überprüfung fällt Anja nichts auf. Kurz darauf wird das Kind als vermisst gemeldet
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Kritik

Bei "In aller Stille" handelt es sich weniger um einen Thriller als um ein Sozialdrama. Das Drehbuch weist Tiefgang auf, die Inszenierung wirkt angenehm unaufgeregt, und die schauspielerischen Leistungen überzeugen.
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Anja Amberger (Nina Kunzendorf) ist Polizistin in der (fiktiven) bayrischen Gemeinde Seeberg. Sie und ihr Ehemann Franz (Michael Fitz) haben sich getrennt und wollen sich scheiden lassen. Der unregelmäßige Dienst, Überstunden und Nachtschichten erschweren es Anja, sich um ihre pubertierende Tochter Laura (Lola Dockhorn) und ihren dreijährigen Sohn Tom (Jannik Brengel) ausreichend zu kümmern. Auch Frau Glaser, die Kindergärtnerin, ist überfordert. Anjas verwitwete Mutter Mechthild Kanther (Hildegard Schmahl) passt zwar des Öfteren auf die Kinder auf, aber das Verhältnis der beiden Frauen ist gestört. Und bei Franz und dessen Eltern will Anja ihre Tochter und ihren Sohn auch nicht zu häufig abgeben, denn sie befürchtet ohnehin, dass er versucht, ihr Laura und Tom wegzunehmen oder zumindest zu entfremden. Das belastet sie. Darauf führt ihre Ärztin, Frau Dr. Müller (Rita Russek), ihre Rückenschmerzen zurück. Auch Toms seit Wochen anhaltende Bronchitis hält die Ärztin für ein Stress-Symptom, und sie warnt Anja vor einem Burn-out-Syndrom.

Eines Abends werden Anja Amberger und der mit ihr befreundete Kollege Anton Kirmayer (Maximilian Brückner) zu Frau Gallus (Johanna Bittenbinder) geschickt. Vom Balkon ihrer Mietwohnung aus beobachtete sie, wie der dreijährige Max (Jakob Tiger Brendel) zwei Stunden lang trotz der Kälte auf der Terrasse des Reihenhauses seiner Eltern Christian und Stephanie Anik (Michael A. Grimm, Sarah Lavinia Schmidbauer) stehen musste. Sie glaubt auch, dass der kleine Junge von seinem Vater geschlagen wird.

Anja Amberger und Anton Kirmayer klingeln bei Familie. Der arbeitslose Schreiner Christian Anik versichert, Max habe gerade einmal zwei Minuten zur Strafe im Freien verbringen müssen. Anja schaut ins Kinderzimmer, aber sie zögert, den schlafenden Jungen zu wecken und wird auch gleich von Christian Anik aufgefordert, den Raum zu verlassen.

Am nächsten Tag informiert sie das Jugendamt über den Fall.

Als Anja Amberger und Christian Anik sich beim Bäcker begegnen, beschwert er sich bei ihr darüber, dass sie ihm das Jugendamt „auf den Hals gehetzt“ habe. Triumphierend schaut er zu, wie sich Anja mit ihrem Sohn Tom abmüht, der unbedingt ein Marzipanschwein haben möchte und nicht aufhört zu quengeln, bis sie ihm eines kauft. Beinahe rutscht Anja die Hand aus. Nur mühsam kann sie sich beherrschen.

Kurz darauf wird Max Anik als vermisst gemeldet. Leopold Strasser (Heinz-Josef Braun), der Chef der Polizeidienststelle in Seeberg, fordert Verstärkung aus Rosenheim an. Roland März (Johann von Bülow), der die Leitung der Ermittlungen übernimmt, lässt das Haus der Familie Anik und die Umgebung gründlich durchsuchen. Ein Hubschrauber überfliegt das Gebiet mit einer Wärmebildkamera. Von dem Kind fehlt jede Spur.

Stephanie Anik sagt aus, sie sei am Abend vor dem Verschwinden ihres Sohnes bei Frau Berger gewesen, einer mit ihr befreundeten Bedienung von der „Hexenalm“. Anja fährt zu dem Wohnwagen, in dem Frau Berger wohnt und erfährt, dass die beiden Frauen einiges getrunken hatten, bevor Stephanie Anik sich gegen Mitternacht auf den Heimweg machte. Christian Anik bestätigt, dass seine Frau um diese Zeit nach Hause kam. Er will den Abend vor dem Fernsehgerät verbracht und zwischendurch Max ins Bett gebracht haben. Seine Frau behauptet, sie habe sich noch vergewissert, dass mit Max alles in Ordnung war und sei dann schlafen gegangen. Erst einige Tage später gibt sie zu, dass sie nach dem Besuch bei Frau Berger betrunken war und zu Bett ging, ohne nach ihrem Sohn zu schauen. Sie weiß also nicht, ob er zu diesem Zeitpunkt noch da war oder nicht.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
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Als sich herausstellt, dass Christian Anik auf der „Hexenalm“ schwarzarbeitete, durchsucht die Polizei die Gaststätte. Dabei wird Max‘ Leiche in einem Müllsack gefunden.

Die Obduktion ergibt, dass der Dreijährige durch einen Schädelbruch starb. Hämatome und verheilte Knochenbrüche lassen darauf schließen, dass Max in seinem kurzen Leben viel geschlagen worden war.

Christian Anik gibt zwar zu, seinen Sohn streng erzogen zu haben, leugnet aber jede übermäßige Gewaltanwendung und schweigt ansonsten. Schließlich verlangt er, seine Frau zu sprechen und gesteht ihr im Beisein der Polizeibeamten, dass Max zu Hause starb, während sie bei Frau Berger war. Er erzählt, der Junge habe geschrien und nach ihm getreten, weil er nicht ins Bett gehen wollte. Bei dem Gerangel sei Max auf den Kopf gefallen und leblos liegen geblieben. Es habe sich um einen Unfall gehandelt, beteuert er, aber Stephanie glaubt ihm das nicht und bricht schluchzend zusammen.

Roland März, der die Schilderung des Unfalls ebenfalls für eine Schutzbehauptung hält, rastet aus, als er begreift, dass Christian Berger eine Tötungsabsicht nicht nachzuweisen ist. Hilflos muss er zusehen, wie Rechtsanwalt Böhm seinen Mandanten im Polizeirevier abholt.

Frau Gallus erklärt Anja auf der Straße, sie mache sich Vorwürfe, weil sie den auf der Terrasse stehenden Jungen nicht einfach wegholte. Sie gab ihm nur heimlich Schokolade und rief die Polizei an. Anja wiederum fühlt sich mitschuldig, weil sie es versäumte, das schlafende Kind nach Spuren von Misshandlungen zu untersuchen.

Anja setzt sich mit ihrer Situation auseinander und erinnert sich daran, dass sie ebenfalls streng erzogen wurde. Zur Strafe sperrten die Eltern sie zum Beispiel in den Heizungskeller.

Sie versöhnt sich mit ihrem Ex-Mann und wird sich zum Wohl ihrer Kinder auch mit ihm über das Sorge- bzw. Besuchsrecht einigen.

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Auch wenn eine Polizistin die Hauptrolle spielt, handelt es sich bei dem Fernsehfilm „In aller Stille“ weniger um einen Thriller als um ein beklemmendes Sozialdrama. Ariela Bogenberger (Drehbuch) und Rainer Kaufmann (Regie) veranschaulichen, wie leicht einer überlasteten Mutter die Hand ausrutscht und wie schnell es zu Gewalt gegenüber Kindern kommen kann. Es wird auch thematisiert, wie wichtig es ist, auf Anzeichen von Kindesmisshandlungen zu achten und ggf. einzuschreiten.

Das Drehbuch von „In aller Stille“ zeichnet sich durch Tiefgang und Komplexität aus, die Inszenierung wirkt angenehm unaufgeregt, und die schauspielerischen Leistungen überzeugen.

Die Dreharbeiten fanden vom 24. März bis 29. April 2009 in Wolfratshausen, Puppling, Waldram, und Gelting statt.

Ariela Bogenberger schrieb auch das Drehbuch zu „Marias letzte Reise“. Sie ist eine Cousine von Michael Fitz, der in dem Film „In aller Stille“ als Franz Amberger zu sehen ist, und die Tochter von Veronika Fitz, die hier Franz Ambergers Mutter Uschi spielt.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2010

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Henry James interessiert sich in "Eine Dame von Welt" nicht nur für den Gegensatz von Snobismus und demokratischer Gesinnung, sondern auch für die Unterschiede zwischen der Alten und der Neuen Welt in Mentalität und Lebensauffassung.
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