Henriette von Schirach


Henriette („Henny“) von Schirach wurde am 3. Februar 1913 in München als ältestes Kind des Fotografen Heinrich Hoffmann und seiner ersten Ehefrau Therese („Nelly“) geboren. 1916 bekam sie einen Bruder.

Heinrich Hoffmann wurde 1923 Leibfotograf Hitlers, und seine Tochter Henriette begann sieben Jahre später neben ihrem Studium als Hitlers Sekretärin zu arbeiten. 1931 lernte sie Baldur von Schirach kennen, den damaligen Führer des NS-Studentenbundes, der noch im selben Jahr zum Reichsjugendführer der NSDAP (und später zum Jugendführer des Deutschen Reiches) ernannt wurde. Mit Hitler und SA-Chef Ernst Röhm als Trauzeugen heirateten die beiden am 31. März 1932 in München. Das Ehepaar von Schirach bekam vier Kinder: Angelika Benedikta, Klaus, Robert und Richard.

Von Hitler am 7. August 1940 zum Gauleiter und Reichsstatthalter in Wien ernannt, richtete sich Baldur von Schirach mit seiner Familie in der Wiener Hofburg ein.

Nachdem Henriette von Schirach im Frühjahr 1943 Hitler auf dem Berghof auf die in Amsterdam beobachtete Deportation von Juden angesprochen hatte, wurde sie nie wieder auf den Obersalzberg eingeladen.

Im Herbst 1943 begannen die alliierten Luftangriffe auf Wien. Daraufhin brachte sich Henriette von Schirach mit den Kindern in dem ihrem Mann gehörenden Schloss Aspenstein in Kochel am See in Sicherheit. Erst im Juni 1945 sah sie ihn wieder. Baldur von Schirach hatte sich inzwischen den Amerikanern gestellt und befand sich im Internierungslager Rum bei Innsbruck.

Während des Nürnberger Prozesses gegen die Hauptkriegsverbrecher erreichte Heinrich Hoffmann, dass seine Tochter bis zur Urteilsverkündung ebenso wie er vorübergehend im Zeugenhaus wohnen durfte. Baldur von Schirach wurde am 1. Oktober 1946 zu 20 Jahren Haft verurteilt.

Am 20. Juli 1950 ließ sich Henriette von Schirach, die inzwischen mit Leni Riefenstahls Ex-Mann Peter Jacob liiert war, scheiden. Fünf Jahre später kaufte sie das 1946 konfiszierte Schloss Aspenstein vom Freistaat Bayern und stieß es nach zehn Monaten für den doppelten Preis wieder ab. Ungeachtet der Scheidung setzte sich Henriette von Schirach weiter für eine Begnadigung ihres Ex-Manns ein.

Sie starb am 27. Januar 1992 in München.

In dem von Matti Geschonnek nach Motiven des Buches „Das Zeugenhaus“ von Christiane Kohl gedrehten Film ist Henriette von Schirach eine der Hauptfiguren und wird von Rosalie Thomass dargestellt: „Das Zeugenhaus“.

© Dieter Wunderlich 2014

Matti Geschonneck: Das Zeugenhaus

Gilles Rozier - Eine Liebe ohne Widerstand
In dem raffiniert konstruierten Roman "Eine Liebe ohne Widerstand" erzählt Gilles Rozier schroff und doch ausgefeilt von zwei parallelen skandalösen Liebesverhältnissen vor dem Hintergrund eines sarkastischen Bildes über das Verhalten von Franzosen während der deutschen Besatzung.
Eine Liebe ohne Widerstand