Liebesjahre

Liebesjahre

Liebesjahre

Originaltitel: Liebesjahre – Regie: Matti Geschonneck – Drehbuch: Magnus Vattrodt – Kamera: Carl-Friedrich Koschnick – Schnitt: Karola Mittelstädt – Musik: Florian Tessloff – Darsteller: Iris Berben, Peter Simonischek, Axel Milberg, Nina Kunzendorf u.a. – 2011; 90 Minuten

Inhaltsangabe

10 Jahre nach der Scheidung verkaufen Vera und Uli das Haus, in dem sie über 20 Jahre lang miteinander lebten. Am Tag vor der Schlüsselübergabe kommen sie, um die letzten Dinge mitzunehmen. Uli bringt seine Ehefrau Johanna mit, und auch Veras neuer Lebensgefährte Darius reist überraschend an. Konflikte brechen auf. Durch die Sticheleien und gegenseitigen Attacken werden Charakterschwächen und Lebenslügen aufgedeckt ...
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Kritik

"Liebesjahre" ist eine schnörkellose, kammerspielartige Tragikomödie. Die Handlung, die sich fast ausschließlich im Inneren eines Hauses abspielt, wird von pointierten Dialogen und vier erstklassigen Schauspielern getragen.
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Vera und Uli Lenz (Iris Berben, Peter Simonischek) ließen sich vor gut zehn Jahren scheiden. Seither ist das abgelegene Fachwerkhaus in Holstein unbewohnt, in dem sie fast zweiundzwanzig Jahre miteinander gelebt und die beiden Töchter Jana und Franka erzogen hatten. Vor einer Woche ließ Veras Rechtsanwalt ihren Ex-Mann wissen, dass sie das Haus verkaufen wolle. Für den Tag vor der Unterzeichnung des notariellen Kaufvertrags und der Schlüsselübergabe an die neuen Besitzer verabreden sich Vera und Uli in dem noch immer voll eingerichteten Haus, um die Sachen auszuwählen, die sie oder die Töchter noch haben möchten.

Uli ist bereits da, als Vera eintrifft. Sehr zum Missfallen Veras hat er eine junge Frau mitgebracht. Sie heißt Johanna (Nina Kunzendorf), ist Oberärztin in einem Krankenhaus am Bodensee und kommt aus einer reichen Familie. Vera hält sie für Ulis Geliebte und wirft ihm unter vier Augen Geschmacklosigkeit vor. Es überrascht sie, dass die beiden seit zwei Jahren verheiratet sind. Uli wiegelt ab: Die Hochzeit sei ja auch keine große Sache gewesen. Das hört Johanna, und sie ärgert sich über diese Abwertung.

Vor zehneinhalb Jahren verließ Vera das Haus mit einem kleinen Koffer, und auch jetzt beabsichtigt sie nicht, viel einzupacken. Uli hat dagegen einen Kleintransporter gemietet, denn er will erst einmal einige Möbel mitnehmen und die Entscheidung über die Verwendung vertagen. Bevor er überhaupt etwas aussucht, kocht er erst einmal Spaghetti. Die Zutaten hat er ebenso mitgebracht wie ein paar Flaschen Rotwein. Vera will nichts essen. Stattdessen arbeitet sie diszipliniert Listen ab. Und während Uli sich an schöne Zeiten in dem Haus erinnert, betont Vera, ihr Leben finde in der Gegenwart statt.

Unerwartet und gegen den Willen Veras taucht auch Darius (Axel Milberg) auf. Vera sei seine Muse, sagt der Theaterschauspieler. Sie sind ein Paar, leben jedoch in getrennten Wohnungen in Hamburg: er im Vorderhaus, sie im Hinterhaus. Uli erinnert sich, dass Vera schon damals von einer Karriere als Schauspielerin träumte. Hat sie ihr Ziel verwirklicht? Nein, sie steht nicht auf der Bühne, sondern ist als Souffleuse am Theater tätig. Uli habe seine Ambitionen als Architekt ja bereits während der Ehe aufgegeben und sich als verkanntes Genie bemitleidet, giftet Vera zurück.

Im Zorn wirft er ihr vor, ihn mit anderen Männern betrogen zu haben. Aber er muss zugeben, dass er ihr ebenso wenig treu war. Ungewollt werden Johanna und Darius Zeugen dieser Anschuldigungen, die ihnen die Lebensgefährten in einem neuen Licht zeigen.

In einem Schrank stößt Uli auf Veras Hochzeitskleid. Sie hat nicht vor, es mitzunehmen. Uli bringt es nicht übers Herz, das Kleid hängen zu lassen. Er will es mitnehmen, obwohl Johanna dagegen protestiert.

Wie früher trinkt Uli zu viel Rotwein.

Für die Nacht hat Vera sich ein Hotelzimmer reservieren lassen, obwohl im Haus genügend Platz ist. Bevor sie losfährt, findet Darius eine alte Zeitung aus Hamburg mit einem Aufdruck von Veras Namen und Adresse. Daraus schließt er, dass sie vor einiger Zeit im Haus war, ihm jedoch nichts darüber erzählte.

Nachdem sich Darius und Johanna mit einer Flasche Wein ins Freie gesetzt haben, gesteht Vera ihrem Ex-Mann, zwei- oder dreimal im Jahr im Haus gewesen zu sein. In den Sachen, die sie eingepackt hat, befindet sich ein gerahmtes Foto des Hauses und seiner Bewohner, das ein Wanderer geknipst hatte, der zufällig vorbeigekommen war. Vera nimmt es mit, weil es sie an einen Tag erinnert, an dem sie glücklich war. Den Entschluss, das Haus zu verkaufen, fasste sie, als die Ärzte bei ihr eine unheilbare Krankheit diagnostizierten.

Am anderen Morgen – auch Vera hat im Haus geschlafen – kommen die Käufer, die Maklerin und der Notar. Nachdem alles geregelt ist, verabschieden sich die beiden Paare voneinander und fahren los. Bevor Vera und Darius in ihre Autos steigen, verabreden sie sich für den Abend nach der Theatervorstellung in Hamburg.

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Das Ausräumen des Hauses, in dem sie vor ihrer Scheidung über zwanzig Jahre lang miteinander lebten und die beiden Töchter erzogen, weckt bei Uli Erinnerungen an die „Liebesjahre“, und Vera wehrt sich vergeblich gegen die Emotionen, die dadurch ausgelöst werden. Während Uli an schöne Momente denkt, giftet Vera, er überdecke alles mit Zuckerguss. Sie betont, in der Gegenwart zu leben. Ihre Sichtweise ist jedoch nicht weniger subjektiv als seine; auch sie macht sich etwas vor. Konflikte brechen auf. Durch die Sticheleien und gegenseitigen Attacken werden Charakterschwächen und Lebenslügen aufgedeckt. Ungewollt bekommen Johanna und Darius das alles mit, und sie sehen ihre Lebensgefährten in einem neuen Licht. Mehrmals geraten auch sie auch selbst in die Auseinandersetzungen hinein. Die heftigen Aggressionen sind auch ein Widerhall der Gefühle, die Uli und Vera einmal verbanden.

„Liebesjahre“ ist eine schnörkellose, kammerspielartige Tragikomödie von Magnus Vattrodt (Drehbuch) und Matti Geschonneck (Regie). Die Handlung, die sich fast ausschließlich im Inneren eines Hauses abspielt, wird von pointierten Dialogen und vier erstklassigen Schauspielern getragen: Iris Berben, Peter Simonischek, Axel Milberg und Nina Kunzendorf.

Der in „Liebesjahre“ zu sehende ehemalige Bauernhof aus dem Jahr 1810 steht in Haltern nordöstlich von Osnabrück. Die Besitzer zogen für die Dauer der Dreharbeiten (21. September bis 19. Oktober 2010) aus.

„Liebesjahre“ ist der dritte Teil einer lockeren Trilogie über Liebe und Verlust, die Matti Geschonneck mit Iris Berben in den Hauptrollen geschaffen hat. Die anderen beiden Titel lauten: „Wer liebt, hat Recht“ (2002) und „Silberhochzeit“ (2006).

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2011

Matti Geschonneck (kurze Biografie / Filmografie)

Matti Geschonneck: Der Mörder und sein Kind
Matti Geschonneck: Wer liebt, hat Recht
Matti Geschonneck: Mord am Meer
Matti Geschonneck: Die Nachrichten
Matti Geschonneck: Silberhochzeit
Matti Geschonneck: Duell in der Nacht
Matti Geschonneck: Todsünde
Matti Geschonneck: Entführt
Matti Geschonneck: Hinter blinden Fenstern
Matti Geschonneck: Boxhagener Platz
Matti Geschonneck: Das Ende einer Nacht
Matti Geschonneck: Tod einer Polizistin
Matti Geschonneck: Das Zeugenhaus
Matti Geschonneck: Ein großer Aufbruch
Matti Geschonneck: Der verlorene Bruder
Matti Geschonneck: Brandnächte

Martin Suter - Der letzte Weynfeldt
"Der letzte Weynfeldt" ist keine tiefschürfende Literatur, aber es handelt sich um einen höchst unterhaltsamen Roman von Martin Suter. Dafür sorgen neben dem gelungenen Aufbau und der geschliffenen Sprache Ironie und Komik, Esprit und Wortwitz.
Der letzte Weynfeldt