Stay

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Stay – Originaltitel: Stay – Regie: Marc Forster – Drehbuch: David Benioff – Kamera: Roberto Schaefer – Schnitt: Matt Chesse – Musik: Tom Scott, Thad Spencer (Asche & Spencer) – Darsteller: Ewan McGregor, Ryan Gosling, Naomi Watts, Kate Burton, Elizabeth Reaser, Bob Hoskins, Janeane Garofalo u.a. – 2005; 100 Minuten

Inhaltsangabe

Der Psychiater Sam Foster übernimmt von einer erschöpften Kollegin einen Patienten. Es handelt sich um Henry Letham, einen Kunststudenten im dritten Semester, der sich aus irgendeinem Grund schuldig fühlt, unter einer Amnesie leidet und ankündigt, er werde sich an seinem 21. Geburtstag in drei Tagen erschießen. Sam versucht, den Suizid zu verhindern, verliert jedoch zunehmend die Orientierung und gerät bei seinen Nachforschungen an Personen, von denen er weiß, dass sie tot sind ...
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Kritik

In "Stay" verwischen sich die Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit immer stärker. Erst am Ende begreifen wir, was geschieht. Form und Inhalt entsprechen sich in diesem düsteren Film von Marc Forster auf besondere Weise.
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Manhattan. Der Psychiater Dr. Sam Foster (Ewan McGregor) springt für seine erschöpfte Kollegin Dr. Beth Levy (Janeane Garofalo) ein und übernimmt die Therapie des Patienten Henry Letham (Ryan Gosling), eines Kunststudenten im dritten Semester, der sein Auto angezündet haben soll, aber nichts mehr davon weiß. Henry ist enttäuscht über den Wechsel, spricht kaum ein Wort und geht nach wenigen Minuten mit der Begründung, er wolle noch vor dem Hagelschauer zu Hause sein.

In der U-Bahn wird Henry von einem anderen Fahrgast aufgefordert, das Rauchen einzustellen. Daraufhin zieht er den Ärmel ein Stück hoch und drückt die Zigarette auf dem Unterarm aus.

Zur gleichen Zeit sitzt Sam mit seiner Lebensgefährtin, der Künstlerin Lila Culpepper (Naomi Watts), auf einer Anlagenbank. Aus heiterem Himmel beginnt es zu hageln. Sam ist verblüfft: Woher konnte Henry das wissen? Jedenfalls nicht aus dem Wetterbericht, denn da gab es keinen Hinweis auf das Risiko eines Hagelschauers.

Während Sam auf einen anderen Patienten (Sterling K. Brown) wartet, kommt Henry unerwartet zu ihm und kündigt an, dass er sich am Samstag, also in drei Tagen, erschießen werde. Warum gerade dann? Weil er sich seinen 21. Geburtstag dafür ausgesucht hat. Henry erwähnt einen Maler, der mit 18 seinen Suizid in drei Jahren ankündigte, dann seine Werke verbrannte, sich an seinem 21. Geburtstag tötete und damit sein ultimatives Kunstwerk schuf.

Für das Thema Suizid ist Sam sensibilisiert, denn Lila schnitt sich vor einiger Zeit in der Badewanne die Pulsadern auf. Er konnte sie retten, obwohl sie bereits viel Blut verloren hatte. Die Psychopharmaka, die er ihr verschrieb, hat sie inzwischen abgesetzt, ohne es mit ihm abzusprechen, weil ihr das Medikament die Kreativität raubte.

Als Sam Lila in ihrem Atelier besucht, irritiert es ihn, dass sie ihn einmal versehentlich mit „Henry“ anspricht. Er macht sie darauf aufmerksam, aber sie behauptet, keinen falschen Namen genannt zu haben.

Sam spielt gerade mit Dr. Leon Patterson (Bob Hoskins) Schach, als Henry hereinkommt – und erschrocken vor dem Blinden zurückweicht, in dem er seinen Vater erkennt, der allerdings tot ist. Sam versichert ihm, er kenne Leon seit langer Zeit und der Mann habe keine Kinder. Aber Henry flieht aus dem Raum.

Mit Dr. Ren (BD Wong), dem Leiter der geschlossenen Abteilung einer psychiatrischen Klinik, dringt Sam in Henrys Apartment ein. Die Wände des unmöblierten Zimmers sind vollständig mit einer winzigen Schrift bedeckt. „Ich bin schuld“, heißt es da viele tausende Male. Auf dem Anrufbeantworter ist eine Nachricht gespeichert. Es handelt sich wohl um Sams Stimme, aber er versichert seinem Kollegen, er habe den Patienten nicht angerufen.

Um sich mit seiner Kollegin über Henry zu beraten, geht Sam zu ihr. Sie sitzt apathisch im Dunkeln auf der Couch. Offenbar hat sie Psychopharmaka genommen und dazu Alkohol getrunken. Sam bringt sie ins Bad und fordert sie auf, sich zu duschen.

In Henrys Elternhaus stößt er auf Mrs Maureen Letham (Kate Burton). Dabei sagte Henry doch, seine Eltern seien tot. Sie hält den Besucher für ihren Sohn und will ihm etwas zu essen machen. Plötzlich sickert Blut aus dem Tuch, mit dem sie ihr Haar umwickelt hat. Ihr Hund fällt Sam an und beißt ihn in den Arm. Er muss deshalb kurz ins Krankenhaus. Sheriff Kennelly (Michael Gaston) wundert sich darüber, dass Sam in dem unbewohnten Haus von einem Hund gebissen wurde und mit jemandem sprach, denn das Ehepaar Letham kam bei einem Autounfall ums Leben.

Im Treppenhaus wartet Henry auf Sam, aber als dieser versucht, ihn festzuhalten, zieht er eine Pistole, behauptet, er habe seine Eltern getötet und läuft weg.

Daraufhin sucht Sam nach Athena (Elizabeth Reaser), einer Kellnerin in einem Diner, von der Henry sagte, er habe sie heiraten wollen aber den Ring verloren – übrigens einen Ring, der genauso aussah, wie ein Ring auf Henrys Schreibtisch. Athena versucht sich inzwischen als Schauspielerin. Sam findet sie bei einer Hamlet-Probe. Nachdem sie einen von Henry des Öfteren aufgesuchten Kunstbuchladen erwähnt hat, verschwindet Athena plötzlich.

In der Buchhandlung hängt ein Gemälde von Henry. Damit habe der Student die Bücher bezahlt, erklärt der Inhaber.

An zwei aufeinander folgenden Tagen sieht Sam in einer Straße dieselbe Szene: Möbelpacker seilen einen Flügel aus einem Fenster ab. Einer von ihnen rempelt versehentlich einen kleinen Jungen (John Dominici) an, der gerade mit seiner Mutter (Jessica Hecht) vorbeigeht. Dadurch lässt das Kind seinen Luftballon aus, aber die Mutter verspricht ihm sogleich einen neuen.

Während Sam Lila aus einer Telefonzelle heraus anruft, taucht Leon Patterson auf, der jetzt nicht blind ist und meint, die Welt sei eine Illusion. Es ist Samstag, 23.33 Uhr. Für Mitternacht kündigte Henry seinen Suizid an.


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


Henry sickert Blut aus dem Haar. Die Autos und Passanten um ihn herum bleiben wie eingefroren stehen.

Sam entdeckt Henry und folgt ihm zur Brooklyn Bridge. Dort holt er ihn ein. Er bedaure, dass Sam das mit ansehen müsse, sagt Henry, schiebt sich den Lauf der Pistole in den Mund und drückt ab.

Er liegt sterbend am Boden. Offenbar löste er gerade einen schweren Autounfall aus, als an seinem Wagen der Vorderreifen platzte. Seine Eltern und Athena, die mit ihm im Wagen saßen, sind bereits tot. Der Ring, den er für Athena kaufte, fällt zu Boden. Sam hebt ihn auf, beugt sich über Henry und beschwört ihn, nicht das Bewusstsein zu verlieren. Neben ihm kniet Lila, eine Krankenschwester, die Erste Hilfe leistet.

Durch den tödlichen Unfall lernen Sam und Lila sich kennen. Als sie nichts mehr für Henry tun können, lädt Sam Lila auf eine Tasse Kaffee ein, und sie geht mit ihm los.

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„Stay“ ist eine düstere Mischung aus Melodram, Psycho- und Mysterythriller. Wie in einem Film von David Lynch oder in „Öffne die Augen“ bzw. „Vanilla Sky“ verwischen sich die Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit immer stärker. Hektik, Anspannung und Konfusion nehmen zu. Befinden wir uns tatsächlich in einem Mysterythriller? Ist das alles esoterisch? Erst ganz am Ende erhalten wir die Antwort, und die stellt noch einmal alle bis dahin getroffenen Vermutungen auf den Kopf.

Form und Inhalt entsprechen sich in „Stay“ auf besondere Weise, und dabei ist David Benioff (Drehbuch) und Marc Forster (Regie) die Form wichtiger als der Inhalt. Roberto Schaefer (Kamera) zeigt vor allem Personen in Nah- und Gesichter in Großaufnahmen. Von den Räumen erfahren wir nicht, wo genau sie sich befinden, denn wir sehen die Figuren nicht auf den Wegen zwischen ihnen, sondern der Ortswechsel erfolgt durch Schnitte. Dabei blendet Matt Chesse (Schnitt) mitunter geschickt von einem Gesicht auf ein anderes über. Nebendarsteller, die mehrere Rollen spielen, Wiederholungen und Spiegelungen verstärken die Orientierungslosigkeit. „Stay“ beginnt und endet mit einem Verkehrsunfall auf der Brooklyn Bridge, dessen Bedeutung wir anfangs nicht erkennen. Bis kurz vor dem Ende nehmen wir an, dass die Handlung vorwiegend aus Sams Perspektive erzählt werde, aber eigentlich ist es ganz anders.

Wenn Sam am Ende auf der Straße hockt und wir aus einer flach am Boden liegenden Position sehen, wie die Enden der Hosenbeine dadurch nach oben gezogen sind, begreifen wir übrigens auch, warum der Psychiater mit einer viel zu kurzen Hose durch den Film läuft.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2012

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Inge Löhnig - Unbarmherzig
Inge Löhnig schreibt ideenreich und stringent zugleich. Für Spannung sorgt sie in dem komplexen, mitreißenden Kriminalroman "Unbarmherzig" mit einem gut durchdachten Wechsel der Erzählstränge und Perspektiven. Ungewöhnlich ist, dass die Leserinnen und Leser zwar alles erfahren, die Ermittlerin jedoch den Fall nicht ganz aufklären kann.
Unbarmherzig