Die Ehe der Maria Braun

Die Ehe der Maria Braun

Die Ehe der Maria Braun

Originaltitel: Die Ehe der Maria Braun - Regie: Rainer Werner Fassbinder - Drebuch: Peter Märthesheimer, Pea Fröhlich und Rainer Werner Fassbinder - Kamera: Michael Ballhaus - Schnitt: Rainer Werner Fassbinder alias Franz Walsch und Juliane Lorenz - Musik: Peer Raben - Darsteller: Hanna Schygulla, Klaus Löwitsch, Ivan Desny, George Byrd, Gisela Uhlen, Hark Bohm, Gottfried John, Günter Lamprecht, Elisabeth Trissenaar, Claus Holm, Volker Spengler, Liselotte Eder, Rainer Werner Fassbinder, Lilo Pempeit, Sonja Neudorfer, Günther Kaufmann, Karl-Heinz von Hassel, Peter Berling u.a. - 1979; 115 Minuten

Inhaltsangabe

Einen Tag nach der Hochzeit im Jahr 1943 muss Hermann Braun an die Front. Als der Krieg endet, wird er vermisst. Seine Frau Maria nimmt ihr Leben selbst in die Hand, schlägt sich als Bardame durch und lässt sich nach dem Krieg mit einem GI ein. Da kehrt plötzlich Hermann zurück. Als Maria ihren Geliebten tötet, nimmt Hermann die Tat auf sich und geht für sie ins Gefängnis. Während seiner Haft versucht Maria, für sich und ihn eine neue Existenz aufzubauen ...
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Kritik

Die ästhetischen Bilder von Michael Ballhaus täuschen nicht darüber hinweg, dass in "Die Ehe der Maria Braun" ein sarkastisches Bild der deutschen Nachkriegsgesellschaft und ihrer menschlichen Kälte gezeigt wird.
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Einen Tag nach der Hochzeit während eines Luftangriffs im Jahr 1943 muss Hermann Braun (Klaus Löwitsch) an die Front. Seine Frau Maria (Hanna Schygulla) bleibt allein bei ihrer verwitweten Mutter (Gisela Uhlen) und ihrem Großvater (Anton Schiersner) zurück.

Als der Krieg endet, gilt Hermann als vermisst, und Willi Klenze (Gottfried John) – der Mann von Marias Freundin Betti (Elisabeth Trissenaar) – behauptet nach seiner Heimkehr aus der Gefangenschaft, Hermann sei tot. Maria nimmt ihr Leben selbst in die Hand. Sie schlägt sich als Bardame durch und lässt sich auf ein Verhältnis mit dem gutmütigen schwarzen GI Bill (Greg Eagles) ein, der sich in sie verliebt hat und ihr großzügig Nylonstrümpfe und amerikanische Zigaretten beschafft.

Da kehrt plötzlich Hermann zurück. Maria erschlägt Bill mit einer Flasche, doch Hermann nimmt die Tat auf sich und verbüßt daraufhin eine mehrjährige Haftstrafe. Währenddessen arbeitet Maria im Büro des aus der Emigration zurückgekehrten Textilindustriellen Karl Oswald (Ivan Desny), der unheilbar krank ist und ihr für ihre Geschäftstüchtigkeit und ihrer Bereitschaft, mit ihm zu schlafen, eine großzügige Erbschaft in Aussicht stellt. Auf diese Weise versucht Maria am Wirtschaftswunder teilzuhaben und für sich und Hermann eine neue Existenz aufzubauen. „Ich bin eine Meisterin der Täuschung“, sagt sie einmal, „ein Werkzeug des Kapitalismus bei Tag, und bei Nacht eine Agentin der proletarischen Massen; die Mata Hari des Wirtschaftswunders.“

Während der Haft lässt Hermann sich von Karl Oswald, der Maria in den letzten Jahren seines Lebens für sich allein haben möchte, zu einer heimlichen Abmachung überreden: Als Gegenleistung dafür, dass der Unternehmer das Ehepaar Braun als Alleinerben einsetzt, wandert er nach seiner Freilassung für einige Zeit allein nach Kanada aus.

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Nach Karl Oswalds Tod, als Hermann Braun es selbst zu etwas gebracht hat, kommt er wieder. Maria, die inzwischen im eigenen Haus lebt, erfährt erst jetzt, warum er nach Kanada ging. Absichtlich oder unabsichtlich vergisst sie, den Gasherd abzudrehen. Sie gehen ins Schlafzimmer. Hermann bleibt am Bettrand sitzen, während Maria noch einmal in die Küche geht, um sich eine Zigarette anzuzünden. Dabei sprengt sie sich, Hermann und das Haus in die Luft – gerade als das entscheidende Tor fällt, mit dem die deutsche Nationalelf 1954 Fußball-Weltmeister wird.

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Maria Braun ist fleißig und ehrgeizig, pragmatisch, berechnend und zielstrebig. Sie personifiziert gewissermaßen die bundesdeutsche Nachkriegsgesellschaft. Während der Abwesenheit ihres Ehemanns lässt sie sich zunächst mit einem amerikanischen Soldaten, dann mit einem Unternehmer ein, weil diese ihr nützlich sind, macht ihnen aber auch nichts vor. Maria Braun ist keine femme fatale, sondern versucht nur, jeweils das Beste aus einer Situation zu machen und arbeitet unverdrossen daran, für sich und Hermann eine neue Existenz aufzubauen.

Bei Rainer Werner Fassbinders Drama „Die Ehe der Maria Braun“ handelt es sich um ein sarkastisches Bild der deutschen Nachkriegsgesellschaft. In den ästhetischen Bildern des Kameramannes Michael Ballhaus wird die menschliche Kälte spürbar. Hanna Schygulla erhielt für diese Rolle bei den Filmfestspielen in Berlin 1979 einen „Silbernen Bären“.

„Die Ehe der Maria Braun“ gehört zusammen mit „Lola“ und „Die Sehnsucht der Veronika Voss“ zu einer Trilogie Rainer Werner Fassbinders über die Fünfzigerjahre in der Bundesrepublik Deutschland.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002 – 2008

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