Sylvia Richard-Färber : Beppoppelki Nikoppelbom

Beppoppelki Nikoppelbom
Beppoppelki Nikoppelbom. Das blutrote Siegel Originalausgabe: RosinenBaumVerlag, Homburg/Saar 2013 ISBN: 978-3-944518-00-8, 417 Seiten 2., überarbeitete Ausgabe: RosinenBaumVerlag, Homburg/Saar 2013 ISBN: 978-3-944518-04-6, 375 Seiten) E-Book: ISBN 978-3-944518-05-3
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

In Isbachheim vereist im Mai plötzlich der Rathausplatz, immer wieder sterben Tiere und Pflanzen. Gerüchten zufolge wird das alles durch geheime, von einem Münchner Unternehmer finanzierte Experimente eines Wissenschaftlers verursacht. Der Bürger­meister wiegelt ab, um keine Investoren zu verschrecken. Ein Journalist recherchiert vergeblich. Aber sechs von dem Wichtel Beppoppelki Nikoppelbom angeleitete Kinder und Jugendliche verbünden sich gegen das Böse ...
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Kritik

Wortneuschöpfungen und selbstironische Kommentare der Autorin machen "Beppoppelki Nikoppelbom. Das blutrote Siegel" zu einem Lesevergnügen. In der Geschichte selbst fehlt es an Verknüpfungen.
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Die 15-jährige Lillith („Lil“) P. Augusta Albrecht wird von ihrem Vormund Dr. Ulrich nach Isbachheim im oberbayrischen Pfaffenwinkel gebracht. Ihr Vater Daniel Albrecht stürzte mit einem Flugzeug ab, aber seine Leiche wurde nicht gefunden, und er gilt deshalb als verschollen. Die Mutter Sibylle, die Solotänzerin an der Pariser Oper gewesen war, hatte die Familie schon vorher verlassen; es heißt, sie halte sich bei einer Sekte in Spanien auf. Das verwaiste Mädchen wird von Mirja und Robert Weber aufgenommen, einem Verlegerehepaar, das sich für die Jugendschutzorganisation „Neue Wurzeln“ engagiert. Die beiden wohnen mit ihren drei Kindern Jonne Kai, Lotta Jenna und Kikki Anneli auf dem Areal eines früheren Sägewerks in Isbachheim. Lil wird mit ihrem burmesischen Falbkater Edelbert von Endeldingen in der Gartenwohnung untergebracht. Dort findet sie außer einigen Umzugskisten Möbelstücke vor, die in der Familie ihrer Mutter Sybille über Generationen hinweg weitervererbt wurden. Dem wuchtigen antiken Schreibtisch gibt Lil den Namen „Baron von Drechselbein“.

Lotta missfällt die Anwesenheit eines gleichaltrigen Mädchens, und ihr zwei Jahre älterer Bruder bedauert es, dass die Gartenwohnung nun nicht mehr, wie erhofft, von ihm und seinem Freund Tristan Bergmann genutzt werden kann. Nur die achtjährige Kikki freut sich über das neue Gesicht.

Noch vor Lil erstem Schultag im Privatgymnasium Hubertus nimmt sie mit der Familie Weber zusammen an der alljährlichen Verleihung der Hubertus-Medaille teil.

Sie lernen gleich das bedeutende Hubertus-Gymnasium kennen. In diese Privatschule gehen die Weberschen Kinder und bald auch Lil. Es ist ein Ort, wo Männer (und Frauen, wenn sie zugelassen) sich aufs lange Leben verbünden. Sie bilden Seilschaften, treffen sich (teure Zigarren rauchend) in exklusiven Privatklubs. Jeder kennt jeden. Und wenn einer fällt (weil er über sich selbst stürzt, über seine Inkompetenz, seine Gier oder seinen Machthunger) dann fängt ihn das Netz(-werk?). Heißt es nicht mitgefangen (mit dem Seil?), mitgehangen (in dem Netz?).

In diesem Jahr verleiht der Schulleiter Dr. Adalbert Baltus die Hubertus-Medaille zwei 18-Jährigen: Valentin und Zoe. Der Junge ist eines der drei Kinder des Münchner Unternehmers Sebastian von Geckenbrinck und Schlaufenbichl und seiner Möpse züchtenden Ehefrau Elisabeth, einer geborenen Gräfin von und zu Dauß. Bei Zoe handelt es sich um Tristans ältere Schwester; ihre Eltern sind die Künstlerin Natascha und der Jurist Walter Bergmann. Die Verleihung der Hubertus-Medaille ist nicht nur eine Auszeichnung, sondern die Gewinner erhalten darüber hinaus einen Geldbetrag und dürfen ein halbes Jahr lang beim Institut für Wetteroptimierung (IWO) in Isbachheim praktizieren.

Geleitet wird das IWO von Moritz Gantenbein, einem auf Hydrologie spezialisierten Schweizer Professor für Physik und Geowissenschaft, der als einer der führenden Meteorologen Europas gilt. Finanziert werden das IWO und das angeschlossene geothermische Werk in Isbachheim von der M. E. T. E. O.-Global, einem weltweit operierenden Unternehmen in München, das Sebastian von Geckenbrinck und Schlaufenbichl gehört.

Gerüchten zufolge betreiben Professor Gantenbein und seine Assistenten Dr. Passot und Dr. Ludmilla Borowna streng geheime unterirdische Experimente mit einem Polgenerator, die möglicherweise im Zusammenhang mit einem Baum- und Vogelsterben in der Gegend stehen. Immer wieder wundern Bauern sich über zerstörte Anbauflächen. In diesem Jahr wird auch die gesamte Erdbeerernte vernichtet. In der Maikäfersiedlung muss Walburga Oberniedermaier ihre kranke Kastanie fällen lassen. Außerdem spielt das Wetter verrückt. Beispielsweise kommt es zu einem Verkehrsunfall, als der Rathausplatz in Isbachheim im Mai plötzlich vereist ist. Im Sommer werden ein zehnjähriger Junge und seine drei Jahre ältere Schwester ins Krankenhaus gebracht. Sie behaupten, nicht länger als zehn Minuten in der Ammer gebadet zu haben, aber die Kinder sind stark unterkühlt und weisen Erfrierungen auf.

Der Journalist Taddeus Trapp vom Isbachheimer Tagblatt, der von Mirja und Robert Weber eine Wohnung in Sichtweite des Gartenhauses gemietet hat, geht den rätselhaften Vorgängen seit drei Jahren nach. Er fährt auch nach München zu einem Interview mit Sebastian von Geckenbrinck und Schlaufenbichl in der M. E. T. E. O.-Global. Frau Kraus, die Privatsekretärin des Unternehmers, die alle Mitarbeiter heimlich mit Kameras überwacht und der auch nicht entgeht, wenn in den Toiletten verbotenerweise geraucht wird, schärft Taddeus Trapp ein, dass seine Zeit auf zehn Minuten begrenzt ist. Der Reporter fragt, ob der Unternehmer wegen des bäuerlichen Widerstands gegen die geplante Vergrößerung des geothermischen Werks in Isbachheim einen Standortwechsel in Betracht ziehe. Sebastian von Geckenbrinck und Schlaufenbichl zieht an seiner Zigarre und weist darauf hin, dass die dem Geothermiewerk angeschlossene Forschungsstation, das IWO, Wissenschaftler sogar aus China und Nauru anziehe und die Gemeinde von diesem Renommee profitiere, etwa durch zusätzliche Übernachtungsgäste. Kurz geht der Unternehmer noch auf die Förderung des Hubertus-Gymnasiums durch die M. E. T. E. O.-Global ein, dann beendet Frau Kraus das Interview.

Franz August Friedrich, der Bürgermeister von Isbachheim, weist Kritiker der geplanten Erweiterung des Geothermiewerks in den eigenen Reihen darauf hin, dass der Ort auf Investoren angewiesen sei.

„Kein Sportgelände, keine Wiederwahl unserer Partei. So einfach funktioniert Politik. Alles andere ist egal.“

In einer Besprechung mit Sebastian von Geckenbrinck und Schlaufenbichl, Professor Moritz Gantenbein, Dr. Passot und Dr. Ludmilla Borowna meint der Bürgermeister:

„Wirkliche Sorge bereitet mir aber, dass die Bürger sich mehr über das Wetter zu ärgern beginnen als über uns Politiker.“

„Ich frage mich nur, wo soll das hinführen, wenn ein Jeder nachfragt, ob die Politiker richtig handeln?“

Im Braugasthof „Zum rauschenden Eber“ in Isbachheim hört Taddeus Trapp einige Männer darüber diskutieren, ob sie ihre landwirtschaftlichen Flächen wegen der unerklärlichen Verwüstungen verkaufen sollen oder nicht. Hans Laber sagt, er habe in seinem Kofferraum tote Mäuse und Vögel, die er auf seinem Acker fand. Der Journalist geht hinaus zu dem Auto. Der Kofferraum ist unverschlossen. Trapp öffnet ihn, um ein Foto von den toten Tieren zu machen. Aber bevor er die Kamera hochnehmen kann, wird er von zwei Kerlen niedergeschlagen.

Im Krankenhaus kommt er wieder zu sich. Trapp kann sich nicht daran erinnern, was passierte, aber man sagt ihm, er sei vor ein Auto gelaufen und nach dem Fahrer suche jetzt die Polizei.

Als der junge Schöngruber von der Feier des Ligenerhalts der Fußballmannschaft von Hundsheimhofen nach Hause kommt, liegt seine Katze tot vor der Türe. Ein eiskalter Nebel wabert über dem Boden. Die Eltern, die den Bauernhof bewirtschaften und früh aufstehen müssen, schlafen bereits. Der junge Mann will nicht so leben wie die Eltern, und er hat auch keine Lust, zu warten, bis sie ihm den Hof überschreiben und er sich dann endlich ein neues Auto und eine Reise leisten könnte. Kurzerhand geht er mit einer Axt ins Schlafzimmer der Eltern und ermordet sie.

Kikki entdeckt einen Stein vor Lils Tür. Als sie ihn anfasst, glaubt sie, sich die Hand verbrannt zu haben, aber Lil stellt fest, dass der Schmerz nicht durch Hitze, sondern durch Kälte verursacht wurde: Der Stein ist eiskalt. Um ihn hochnehmen zu können, holt Kikki Kochfäustlinge. Die beiden Mädchen versuchen, den geheimnisvollen Stein in einer Pfanne aufzutauen, aber es gelingt ihnen nicht. Versehentlich lässt Kikki ihn auf Lils Schreibtisch Baron von Drechselbein fallen – und daraufhin öffnet sich ein Geheimfach.

Aufgeregt erzählt Kikki ihren Geschwistern von dem mysteriösen Stein. Weil Lotta und Jonne ihr nicht glauben, geht die Achtjährige mit ihnen zu Lil in die Gartenwohnung, aber das Geheimfach des Schreibtischs hat sich inzwischen geschlossen, und niemand weiß, wie es sich wieder öffnen lässt. Während die Kinder und Jugendlichen ratlos herumstehen, springt der Kater Edelbert von Endeldingen durchs Fenster herein und auf das in die Platte des Schreibtisches eingelassene Schachbrett. Das Geheimfach öffnet sich erneut. Der Stein ist zwar zu schwarzem Staub zerfallen, aber Jonne holt eine versiegelte Pergamentrolle aus dem Fach. Als Jonne das mit der Abbildung eines Alks verzierte blutrote Siegel zerbricht, kommt eine Metallscheibe zum Vorschein. Er entrollt das Pergament, aber es ist seltsamerweise leer.

Da taucht ein 437 Jahre alter Wichtel auf und stellt sich vor:

„Ich heiße Beppoppelki Nikoppelbom, bin ein helvetischer Fabulierwichtel aus der neunzehnten Dynastie der Wichtelbarden und Großempörer.“

Beppoppelki Nikoppelbom zeigte sich den Kindern und Jugendlichen zwar bisher noch nicht, aber er hat schon längst Tiere wie Lils Kater Edelbert von Endeldingen und Paula und Pekko, die Möpse der Familie Weber, dazu aufgerufen, ihre Streitigkeiten beiseite zu lassen und sich gegen die von den sechs Sirolien ausgehende Gefahr zu verbünden.

Um zu fliegen, kann Beppoppelki Nikoppelbom fast jede Gestalt annehmen. Mal sieht er wie eine Libelle aus, dann wie ein Papagei, eine Fledermaus, ein Schmetterling oder ein Kolibrumm. Stolz führt er dreifache Salti vor, und auch auf seine Reime bildet er sich viel ein. Wenn ihn jedoch jemand mit einem Kobold verwechselt, schreit er:

Wichtel und Kobolde haben etwa so viel Ähnlichkeit wie Zahnbürsten mit Hausbesen.

Ich bin empört, über dreiunddreißig Achtunddreißigstel mit Verlaub, Verbeugung und beim grünkarierten Zylinderhut noch mal.

In einer ihrer Kisten findet Lil eine Schatulle, und sie stellt fest, dass diese sich mit der im blutroten Siegel verborgenen Metallscheibe öffnen lässt. Die Kassette enthält drei Schlüssel an einem Ring.

Als Jonne eines Nachts gegen 4 Uhr ins Bad geht, findet er es völlig vereist vor. Er weckt Lotta, und nachdem sie sich vergewissert hat, dass er die Eiszapfen nicht geträumt hat, gehen sie zur Gartenwohnung und klopfen an Lils Fenster, um ihr von dem merkwürdigen Phänomen zu berichten.

Lil, Jonne, Lotta und Kikki weihen Jonnes Freund Tristan und schließlich auch dessen Schwester Zoe ein. Lil fasst die rätselhaften Erlebnisse für Zoe zusammen:

„Eines Tages fand Kikki einen Stein vor meiner Haustür. Es stellte sich heraus, dass der Stein eine Botschaft von einem gewissen Beppoppelki Nikoppelbom enthielt. Das entdeckten wir aber erst, als Kikki den Stein versehentlich auf Baron von Drechselbeins Tischplatte fallen ließ. Diese öffnete sich nämlich daraufhin.“
„Damals kannten wir Beppoppelki natürlich noch nicht, wir hatten keine Ahnung …“
„Unterbrich Lil nicht immer, Kikki“, bat Jonne.
„Leider war die Tischplatte am nächsten Tag wieder verschlossen …“, erzählte Lil.
„… was besonders peinlich war, weil ich Jonne und Lotta dazugeholt hatte“, fuhr Kikki fort.
„Stimmt. Zufällig sprang in diesem Augenblick Edelbert zum Fenster herein und öffnete unfreiwillig das Schachbrett“, bestätigte Jonne.
„Lil hat sich übrigens die Folge von Edelberts schmutzigen Pfotenabdrücken notiert“, ergänzte Tristan, während Lil weiter ausführte:
„Das Fach öffnete sich und …“
„Jonne fand dabei das Pergament mit dem blutroten Siegel“, vollendete Kikki Lils angefangenen Satz. Tristan übernahm wieder das Wort:
„Das Siegel konnten wir entziffern, aber als wir das Pergament entrollten, stand nichts drauf. Erst als Beppoppelki Nikoppelbom sich zu erkennen gab …“
„Und das mit dem berüchtigten dreifach-verdrehten Salto mit geschüttelten Flügeln und rollenden Augen, Wichtelkatalog Nummer 721“, kreischte dieser begeistert dazwischen.
„… erst dann konnten wir das Pergament lesen. Mithilfe der kleinen Metallscheibe, die wir verborgen im Siegellack gefunden hatten. Ein Schlüssel! Beppoppelki zeigte uns, wie man das zweite Geheimfach öffnet, in dem das Tapotîkum verborgen ist.“
„Tapotîkum?“ Zoe franste die Brauen und fixierte ihren Bruder verständnislos.
„Das ist eine Art Schreibmaschine, mit der man den Text des Pergaments liest, Botschaften absendet und empfangen kann.“

Lil erzählt kurz darauf wie in Trance, wie sechs Männer ihren Schreibtisch in ein Schloss tragen und ein alter Mann zu ihr sagt: „Was hoch emporsteigt und nicht gnädig ist, läuft über und ertränkt sich selbst.“ Kikki assoziiert das mit einem Springbrunnen, Zoe mit dem Untergang von Kulturen, etwa der Griechen und Römer, Mayas und Azteken:

„Die Menschen wurden immer unzufriedener und machthungriger. Sie eroberten immer mehr Länder, unterdrückten deren Bevölkerung und erstickten an ihrem eigenen Machthunger!“

Jeder will schöner, klüger und wichtiger sein als der andere.

Der Mensch ist nie satt. Je mehr er schon hat, desto mehr möchte er noch haben.

Einige Zeit später fehlt Baron von Drechselbein, und Lil erfährt von Taddeus Trapp, dass er beobachtete, wie drei Männer den Schreibtisch zu einem Lastwagen trugen und damit wegfuhren.

Wenigstens besitzt Lil noch die Schatulle mit den Schlüsseln. Damit fahren sie und ihre Freunde nach München, denn das Tapotîkum hatte auf das Pergament geschrieben:

Suchet in der nahen Stadt,
wo der Kluge den Bock geschossen hat.
Neu und alt sind da vereint,
das Alte wird vom Mond beweint.

In Neuhausen, an der Kreuzung Klug-/Böcklinstraße, finden sie ein altes, mit Efeu bewachsenes, von einer Mauer umgebenes Haus. Mit einem der drei Schlüssel öffnen sie die Pforte. Auf dem Grundstück entdecken sie einen Fremden. Sie folgen ihm ins Haus und sehen, wie er ratlos vor einem in die Wand eingelassenen Tapotîkum steht. Offenbar weiß er nicht, wie man es bedient. Lil erschrickt, als er den Namen Sibylle murmelt. Ohne die Kinder bemerkt zu haben, geht er wieder.

Erst als er fort ist, schreibt das Tapotîkum:

Jeder nimmt einen Tropfen seines Blutes
und tut damit für das Bündnis Gutes.
Schüttelt die Tropfen auf das Pergament,
das für euch die Siegel brennt.

Nacheinander stechen sich die Sechs in den Finger, lassen Blut auf das Pergament tropfen und hängen sich das dadurch entstandene blutrote Siegel als Amulett um den Hals. Auf diese Weise schließen sie einen Bund.

Während Mirja und Robert Weber auf der Bookexpo in New York zu tun haben, rufen Lil, Jonne, Lotta, Kikki, Zoe und Tristan wieder einmal Beppoppelki Nikoppelbom herbei. Der erklärt ihnen diesmal, was unter einem Sirol zu verstehen ist:

„Die alten Mythen künden davon, dass die Sirolien ursprünglich von einem anderen Planeten stammten und dass sie seine letzten Überlebenden sind. Seit Millionen von Jahren ziehen die Sirolien schon durch den Himmelsraum und suchen nach neuen leuchtenden Welten. Sie sind ihrer ursprünglichen Anlage nach Elementarwesen, deshalb können sie Wasser und Feuer beeinflussen, somit also auch das Wetter.“

Und zu Lil gewandt fährt er fort:

„Du bist die Siegelträgerin. Seit Anbeginn ist deine Familie mit dem Kampf gegen die Sirolien beschäftigt. Das Siegel geht von Mädchen zu Mädchen. Und euer Bund hat nur eine Aufgabe, nämlich die Sirolien zu bannen. Zu bannen! Es gibt sechs Sirolien. Ihr habt sechs Chancen, in sechs Städten, sechs Rätsel zu lösen und deshalb seid ihr zu sechst.“

Als sich die sechs Verbündeten durch einen Spalt in einem Holunderstamm zwängen, gelangen sie ins magische Unterholz und werden von der Pförtnerin Allabina Holl begrüßt. Deren Adresse lautet: Hollerknoll 6, Fiederblatt im Pfaffenwinkel. Auch dem Alk Pazulas begegnen sie, dem Wächter einer aus Bäumen bestehenden Bibliothek.

Da Entfernungen im magischen Unterholz keine Rolle spielen und die Zeit kreisförmig verläuft, reisen die Sechs im Nu nach Porto, wo sie das erste von sechs Rätseln zu lösen haben. Sie prallen in einem Korkeichenwald vor der Stadt auf die Erde und werden von einem alten Portugiesen namens Alonsio in die Stadt gefahren. Außerdem übergibt er Lil einen Umschlag, auf dem steht, dass er nur um 17.10 Uhr geöffnet werden darf.

Der Brief weist ihnen den Weg zu einem Haus mit einem Tapotîkum im ehemaligen Portweinkeller.

Schon auf dem Weg nach Portugal stießen sie auf die Geschichte der kastilischen Adeligen Inês de Castro, und während sie warteten, bis sie das Kuvert um 17.10 Uhr öffnen durften, fand Zoe in einem Internetcafé weitere Einzelheiten darüber heraus. Inês de Castro war mit dem Thronfolger Peter verheiratet, aber ihr Schwiegervater, König Alfons IV., ließ sie 1355 als Hochverräterin enthaupten. Nachdem Peter 1357 seinem verstorbenen Vater auf den Thron gefolgt war, sorgte er dafür, dass Inês‘ Gebeine in das Kloster der Heiligen Maria von Alcobaça überführt wurden. Außerdem ordnete er an, dass man ihn nach seinem Tod in einem zweiten Sarkophag neben ihr so bestatten solle, dass er und Inês sich bei der Wiederauferstehung gegenseitig als Erstes sehen würden. Zoe beendet ihre Zusammenfassung mit den Worten:

„Das Kloster erlebte mehrere Naturkatastrophen. Im Jahr 1348 raffte die Pest fast alle Mönche dahin, 1422 und 1755 wurde es von Erdbeben fast zerstört, dann kamen Fluten und eben die Plünderungen im Jahr 1833.“ […]
„Irgendwo in diesen geschichtlichen Daten liegt der Schlüssel zu allem. Das fühle ich genau“, ließ Lil durchblicken.“

Die Sechs kehren in den Korkeichenwald zurück und reisen weiter nach Alcobaça. Sie füllen ein Glas, das sie von Beppoppelki Nikoppelbom bekamen, mit Erde und Wasser. Da breitet sich im Kirchenschiff ein eisiger Nebel aus, und die Touristen geraten in Panik. Die Verbündeten stellen das geöffnete, grün leuchtende Glas auf Inês de Castros Sarkophag, und als das Gemisch aus Erde und Wasser zu blubbern beginnt, wirft Jonne Lils Siegel hinein.

Ein furchtbares Kreischen erfüllte das Kirchenschiff. Der Boden gab unter ihnen nach. Lil stürzte kopfüber in die Tiefe. Ein heißer Strahl traf sie im Gesicht.

Im menschlichen Tagesdüster kommt Lil wieder zu sich. Ihre Augenbrauen sind versengt.

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Der „Meteo Thriller“ „Beppoppelki Nikoppelbom. Das blutrote Siegel“ handelt vom Niedergang der Gesellschaft durch eigennützige Unternehmer, bedenkenlose Wissenschaftler und korrupte Politiker, aber auch durch außerirdische Eishaucher, die das Böse verbreiten. Dagegen stemmen sich ein 437-jähriger Fabulierwichtel und sechs zwischen acht und 18 Jahre alte Kinder bzw. Jugendliche.

Beppoppelki Nikoppelbom wird von den eigentlichen Protagonisten erst auf Seite 128 entdeckt und bleibt auch sonst mehr im Hintergrund, obwohl er die Fäden zieht. Trotz seiner Eitelkeit und seines lebhaften Temperaments überlässt er die Bühne vier Mädchen und zwei Jungen.

Von deren Abenteuern erzählt Sylvia Richard-Färber, „die Färberin“. Sie tritt dabei als auktoriale Autorin auf. Zwischendurch spricht sie die Leser direkt an und kommentiert selbstironisch ihre Tätigkeit.

Diese Geschichte, maßlos erstunken und ausgeschmückt erlogen, beginnt in einer oberbayerischen Stadt, die im malerischen Pfaffenwinkel liegt und im Roman Isbachheim heißt.

Aber, aber! Wer drängt sich da vor? Ach, der (geheimnisvolle) Unbekannte schwingt sich wieder aufs Rad und braust Richtung Schrebergartensiedlung.

Kann ich mir mehr als einen unbekannten Verräter in dieser Geschichte leisten und wenn ja, müsste ich dann dem Leser nicht einen unterscheidenden Hinweis geben? Wie viele davon gibt es noch? Oder handelt es sich etwa doch um ein und denselben?

Der (unheimliche) Unbekannte hat in frevelhafter Weise einen schweren Schreibtisch gemopst und ist jetzt nicht in der Lage, in adäquat zu benutzen. Das stimmt mich bedenklich. Habe ich die Figur des Unbekannten mit einem Idioten besetzt? Oder ist der Unbekannte ein Doppelgänger des anderen (und klügeren und unheimlicheren!) Unbekannten, dessen namentliche Unterscheidung ich nachlässigerweise unterlassen habe?

Einige Male wendet die Färberin sich auch an den (fiktiven) Lektor. Einmal fragt sie ihn, ob er den roten Faden vermisse. Damit trifft sie den Nagel selbstkritisch auf den Kopf, denn vieles bleibt ohne Zusammenhang; die einzelnen Szenen greifen nicht wie die Räder eines Uhrwerks ineinander. Mit großer Fabulierlaune führt Sylvia Richard-Färber in „Beppoppelki Nikoppelbom. Das blutrote Siegel“ eine Figur nach der anderen ein, aber selbst wichtige treten nur punktuell auf (der Unternehmer Sebastian von Geckenbrinck und Schlaufenbichl, der Wissenschaftler Professor Moritz Gantenbein, der Bürgermeister Franz August Friedrich, der Journalist Taddeus Trapp), andere kommen überhaupt nur auf zwei, drei Seiten vor (Lils Vormund Dr. Ulrich, die Schrebergartenbesitzerin Walburga Oberniedermaier, die Gesellschaftskolumnistin Gretel Schiller, die Angestellten Kraus und Leuzinger, die Assistenten Dr. Passot und Dr. Borowna, der Alk Pazulas, die Pförtnerin Allabina). Das gilt nicht nur für Figuren, sondern auch für Ereignisse. Zwei Schüler gewinnen einen Preis und fangen ein Praktikum an, aber danach kommt die Autorin nie wieder darauf zu sprechen. Beppoppelki Nikoppelbom sorgt dafür, dass die Tiere sich verbünden, aber im weiteren Verlauf der Geschichte spielt das überhaupt keine Rolle. Taddeus Trapp hat das polizeiliche Kennzeichen des Lastwagens notiert, mit dem Baron von Drechselbein abtransportiert wurde – aber wir erfahren nicht, ob sich die Diebe ermitteln lassen. Besonders krass ist die fehlende Verflechtung im Fall des Doppelmords. Ein Bauernsohn erschlägt seine schlafenden Eltern mit einer Axt. Sylvia Richard-Färber will damit den Einfluss des Bösen veranschaulichen, aber die gerade einmal zwei Seiten lange Szene steht völlig isoliert in der Geschichte.

„Beppoppelki Nikoppelbom. Das blutrote Siegel“ ist als erster Band der geplanten „Meteo-Thriller-Saga“ von Sylvia Richard-Färber konzipiert. Aber auch wenn man davon ausgeht, dass vieles erst in späteren Bänden erklärt werden soll, schlägt man das Buch nach dem Lesen der letzten Seite ratlos zu. Man hätte zumindest ein paar Aufklärungen und irgendeinen Episodenabschluss erwartet. Stattdessen erfüllen die sechs Verbündeten in Portugal die erste von sechs Aufgaben (was das mit den Vorgängen im oberbayrischen Pfaffenwinkel zu tun haben soll, erfahren wir nicht), und dann bricht die Geschichte ab. Besser wäre es gewesen, den ersten Band mit der Ankündigung des portugiesischen Abenteuers zu beenden.

Die Zahl Sechs spielt in „Beppoppelki Nikoppelbom“ eine wichtige Rolle. Es gibt sechs Sirolien, und die sechs Mitglieder des Bundes werden sechs Rätsel in sechs Städten zu lösen haben. Darüber hinaus hat die Färberin den Band „Das blutrote Siegel“ in sechs Kapitel gegliedert.

Eine Reihe origineller Bemerkungen sorgt in „Beppoppelki Nikoppelbom. Das blutrote Siegel“ für Vergnügen. Beispielweise findet Professor Gantenbein es paradox, dass man mit einem Aufzug auch nach unten fahren kann. Gelungen ist auch der folgende Satz:

Mit einem Fernrohr schaut man in die Ferne, aber nicht fern.

Außerdem vermittelt Sylvia Richard-Färber den Lesern mit zahlreichen lustigen Wortneuschöpfungen den Spaß, den sie selbst am Umgang mit der Sprache hat: Da wird „wirksamlich“ gehandelt, es gibt „Diebfall“ und „Zuklau“, Beppoppelki Nikoppelbom stürzt mit „kopfüberem Karacho“ herbei und grüßt dann mit „wohlerzogener Verbeuglichkeit“. An anderer Stelle meint er:

Hausen tun doch nur die Erdschrumpel oder Querkeltrompel. Die nämlich dümpeln und hausen. Aber doch kein Fabulierwichtel, der thront, residiert, villadiert, schlosslebt oder so!“

Schade finde ich, dass für die zweite, überarbeitete Auflage des Buches „Beppoppelki Nikoppelbom. Das blutrote Siegel“ nicht mehr die bunte, originelle Illustration von Sylvia Richard-Färber verwendet wurde.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2013
Textauszüge: © RosinenBaumVerlag

Sylvia Richard-Färber, „die Färberin“: Tagebuch einer Närrin
Sylvia Richard-Färber, „die Färberin“: Leicht Nähen lernen – für ungeduldige Anfänger

Jakob Arjouni - Kismet
Die knapp, rasant und spannend erzählte Handlung des Kriminalromans "Kismet" von Jakob Arjouni ist nicht besonders ausgeklügelt. Ein Vergnügen ist die Lektüre vor allem wegen der flapsig-pointierten Dialoge und der parodistischen Elemente.
Kismet