Ernst Lossa


Ernst Lossa wurde am 1. November 1929 in Augsburg geboren. Die Eltern gehörten zu den Jenischen, einer heterogenen Bevölkerungsgruppe in West- und Mitteleuropa, die durch Mittellosigkeit und Dauermigration gekennzeichnet war. Anna Lossa starb, als ihr Sohn noch keine vier Jahre alt war. Der Witwer Christian schlug sich als Hausierer und fahrender Restaurator von Kirchenfiguren durch.

Die Nationalsozialisten verfolgten die Jenischen als „Zigeuner“. Christian Lossa und zwei seiner Brüder wurden 1939 im KZ Dachau eingesperrt. Ernst und seine beiden Schwestern Anna und Amalie hatte man bereits 1933 in verschiedenen Kinderheimen untergebracht. Im Kinderheim Augsburg-Hochzoll, wo Ernst ab 1935 lebte, wurde er als „unerziehbar“ eingestuft. Am 15. Februar 1940 schickte man den Zehnjährigen in das Jugenderziehungsheim Indersdorf bei Dachau. Katharina Hell von der Deutschen Forschungsanstalt für Psychiatrie in München glaubte in einem Gutachten über ihn „Degenerationszeichen“ erkannt zu haben. Aufgrund dieser Beurteilung wurde Ernst Lossa am 20. April 1942 in der Kinderfachabteilung der Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren aufgenommen.

Im August 1941 hatte Hitler angeordnet, die später nach der Adresse der Zentralstelle in Berlin (Tiergartenstraße 4) als „T4“ bezeichnete Euthanasie-Aktion zu beenden. Sie wurde durch dezentrale Tötungen in Heil- und Pflegeanstalten weitergeführt. Ein Teil der Opfer starb durch Gift, ein anderer durch gezielte Unterernährung.

Wahrscheinlich durchschaute Ernst Lossa, dass in Kaufbeuren Kinder ermordet wurden. Vielleicht ist das der Grund, warum der Verwaltungsleiter Josef Frick wohl im Einvernehmen mit Dr. Valentin Faltlhauser (1876 – 1961), dem ärztlichen Direktor der Einrichtung, den 13-Jährigen am 5. Mai 1943 in die Zweiganstalt Irsee verlegen ließ. Dort ermordete man ihn am 9. August mit Morphium-Scopolamin. Als Todesursache wurde „Bronchopneumonie“ angegeben.

Ein Krankenpfleger beteuerte nach dem Krieg, er habe sich geweigert, den gesunden Jungen mit einer Luminal-Injektion zu töten, aber die Krankenschwester Pauline Kneissler sei für ihn eingesprungen, und zwar im Beisein von Josef Frick und Valentin Faltlhauser.

Valentin Faltlhauser wurde 1948 in Augsburg wegen Mordes angeklagt und im Jahr darauf zu drei Jahren Haft verurteilt, die er jedoch nie verbüßen musste. Der Krankenschwester Pauline Kneissler wurden zahlreiche Tötungen angelastet, zunächst in Hadamar, Grafeneck und Kaufbeuren, ab April 1944 dann auch in Irsee – mehr als 200 allein dort. Das Landgericht Frankfurt/Main verurteilte sie am 28. Januar 1948 zu vier Jahren Zuchthaus, aber sie kam bereits nach einem Jahr frei.


Robert Domes schrieb über Ernst Lossa den Tatsachenroman „Nebel im August. Die Lebensgeschichte des Ernst Lossa“ (353 Seiten, cbt, München 2008), der dem Kinofilm „Nebel im August“ (2016) von Kai Wessel (Regie) und Holger Karsten Schmidt (Drehbuch) zugrunde liegt.

© Dieter Wunderlich 2017

Kai Wessel: Nebel im August

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