Die Träumer

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Die Träumer

Die Träumer – Originaltitel: The Dreamers – Regie: Bernardo Bertolucci – Drehbuch: Gilbert Adair, nach seinem Roman "The Holy Innocents" – Kamera: Fabio Cianchetti – Schnitt: Jacopo Quadri – Darsteller: Michael Pitt, Louis Garrel, Eva Green, Robin Renucci, Anna Chancellor, Jean-Pierre Léaud u.a. – 2003; 115 Minuten

Inhaltsangabe

Im Frühjahr 1968 begegnen sich vor der geschlossenen Cinémathèque Française in Paris drei Cineasten: ein Student aus San Diego und ein französisches Geschwisterpaar. Isabelle und Theo nehmen ihren neuen Feund Matthew mit in die großbürgerliche Wohnung ihrer Eltern im Quartier Latin. Als die Eltern am nächsten Morgen in Urlaub fahren, bleiben die drei 20-Jährigen zusammen, spielen sich Filmszenen vor und schaffen ihre eigene Wirklichkeit ...
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Kritik

Ähnlichkeiten mit "Der letzte Tango in Paris" drängen sich auf. Allerdings evoziert dieser frühere Film von Bernardo Bertolucci heftigere Emotionen und lotet ganz andere Tiefen aus: "Die Träumer".
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Der französische Kultusminister André Malraux entlässt im Februar 1968 Henri Langlois, den Gründer der Cinémathèque Française in Paris, die daraufhin geschlossen wird. Unter den kinobegeisterten Studenten, die dagegen protestieren, ist der zwanzigjährige Amerikaner Matthew (Michael Pitt). Eine gleichaltrige Frau, die sich an das geschlossene Tor des Musée de Cinéma gekettet zu haben scheint, ruft ihn zu sich, und er stellt überrascht fest, dass sie die Fesselung nur vortäuschte. Sie heißt Isabelle (Eva Green) und stellt Matthew ihrem Bruder Theo (Louis Garrel) vor.

Am nächsten Tagen bringen die Geschwister den naiven, schüchternen Studenten aus San Diego, Kalifornien, zum Abendessen mit nach Hause im Quartier Latin, ohne es mit ihren großbürgerlichen Eltern (Anna Chancellor, Robin Renucci) abgesprochen zu haben. Vater George, ein Dichter, formuliert bei Tisch philosophische Phrasen, und Theo hasst ihn dafür.

Die Familie lädt Matthew zum Übernachten ein, und weil die Eltern am anderen Morgen nach Südfrankreich in Urlaub fahren, fordern Theo und Isabelle ihren neuen Freund auf, seine Sachen aus dem Hotel zu holen und bei ihnen zu bleiben.

Nachts entdeckt Matthew, dass die beiden „siamesischen Zwillinge“, wie sie sich nennen, nackt nebeneinander in einem Bett schlafen.

Isabelle schleicht durch den Raum, und Matthew errät, dass sie Greta Garbo in „Königin Christine“ (1933) imitiert. Zu dritt rennen sie durch den Louvre und freuen sich, dass sie es schneller schaffen als die Außenseiterbande im gleichnamigen Film von Jean-Luc Godard (1964). Als Theo ein Filmzitat („King Kong und die weiße Frau“, 1933) nicht errät, fordert seine Schwester ihn auf, zur Strafe vor einem an der Tür hängenden Plakat von Marlene Dietrich zu masturbieren. Anschließend wischt sie Bild mit der Hand ab. Theos Filmzitat aus „Scarface“ (1932) von Howard Hawks erraten weder Matthew noch Isabelle. Deshalb will Theo sehen, wie sie es miteinander treiben. Als Isabelle sich auszieht, flüchtet Matthew zunächst erschrocken ins Bad, aber dann fügt er sich. In seiner Unterhose findet Isabelle ein kleines Foto von sich, das er aus Theos Zimmer gestohlen hat. Sie hilft dem unerfahrenen Amerikaner, in sie einzudringen – und lässt sich von ihm deflorieren.

Zu dritt in der Badewanne sitzend, streiten Theo, Isabelle und Matthew über die Rolle der Amerikaner im Vietnam-Krieg, und etwas später stellt Theo die These auf, Mao Zedong sei ein grandioser Regisseur gewesen. Isabelle steht unvermittelt mit langen schwarzen Handschuhen in der Tür und sieht vor dem dunklen Hintergrund wie die Venus von Milo aus. Während Theo und Matthew auf einem Bett liegen und trinken, baut sie im Wohnzimmer ein Zelt auf und legt sich mit den beiden betrunkenen Männern hinein.

Nackt und schlafend finden die Eltern ihre Kinder und deren Freund in dem Zelt vor, als sie nach Hause kommen. Ohne sie zu wecken, steigen sie über den am Boden liegenden Unrat und fahren erst einmal zu einem Restaurant.

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Isabelle erwacht und merkt, dass die Eltern da waren. Auf eine entsprechende Frage Matthews hatte sie geantwortet, sie nähme sich das Leben, wenn ihre Mutter sie mit Theo ertappen würde. Sie schließt einen Schlauch am Gashahn an, nimmt das offene Ende mit ins Zelt und legt sich wieder zwischen die beiden schlafenden Männer.

Da fliegt ein Pflasterstein demonstrierender Studenten durchs Fenster und schreckt Theo, Isabelle und Matthew auf. „Die Straße ist zu uns ins Zimmer geflogen.“ Sie ziehen sich an, verlassen das Haus und mischen sich unter die Demonstranten, die sich mit der Polizei eine Straßenschlacht liefern. Nach einem kurzen Streit laufen Theo und Isabelle allein weiter. Matthew bleibt enttäuscht stehen.

Edith Piaf ist zu hören; sie singt: „Je ne regrette rien“.

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Als die Cinémathèque geschlossen ist, spielen Theo, Isabelle und Matthew Filmszenen in der Wohnung nach. „The Dreamers. Die Träumer“ ist ein Kammerspiel über drei junge Cinéasten, die sich in eine labyrinthartige Wohnung in Paris zurückziehen und dort ihre eigene Wirklichkeit schaffen. Erst am Schluss verlassen sie das Haus und mischen sich unter die revoltierenden Studenten.

Das Drehbuch für den von Bernardo Bertolucci inszenierten Film „The Dreamers. Der Träumer“ schrieb Gilbert Adair („Blindband“) nach seinem 1988 veröffentlichten, teilweise autobiografischen Debütroman „The Holy Innocents“.

Ähnlichkeiten mit „Der letzte Tango in Paris“ drängen sich auf. Allerdings evoziert dieser frühere Film von Bernardo Bertolucci heftigere Emotionen und lotet ganz andere Tiefen aus. Im Vergleich damit wirkt „The Dreamers. Die Träumer“ verspielt. Bemerkenswert ist, wie Jacopo Quadri – etwa bei „Königin Christina“ und „Die Außenseiterbande“ – schwarz-weiße Originalszenen in farbige Filmzitate schneidet.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2007

Bernardo Bertolucci (kurze Biografie / Filmografie)

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