Lösegeld

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Lösegeld

Lösegeld. Wieviel ist dein Leben wert? – Originaltitel: Rapt – Regie: Lucas Belvaux – Drehbuch: Lucas Belvaux – Kamera: Pierre Milon – Schnitt: Danielle Anezin – Musik: Riccardo Del Fra – Darsteller: Yvan Attal, Anne Consigny, André Marcon, Françoise Fabian, Alex Descas, Michel Voïta, Gérard Meylan, Maxime Lefrançois, Christophe Kourotchkine, Sarah Messens, Julie Kaye u.a. – 2009; 120 Minuten

Inhaltsangabe

Stanislaff Graf, der Präsident eines großen Konzerns, wird entführt. Die Verbrecher verlangen 50 Millionen Euro Lösegeld und legen ihrer Forderung einen abgeschnittenen Finger des Opfers bei. Die Familie besitzt jedoch nur noch 20 Millionen, und Grafs Ehefrau erfährt, dass ihr Mann nicht nur Unsummen verspielte, sondern auch viel Geld mit Geliebten durchbrachte. Das bleibt den Medien nicht verborgen. Als Graf nach zwei Monaten freikommt, steht er vor einem Scherbenhaufen ...
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Kritik

Ein klassischer Thriller würde sich um die Ermittlungen in dem Entführungsfall drehen. Lucas Belvaux interessiert sich jedoch in "Lösegeld" mehr für die Auswirkungen des Verbrechens.
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Stanislaff Graf (Yvan Attal), der Präsident eines französischen Konzerns mit 130 000 Mitarbeitern, ist einer der bedeutendsten Wirtschaftskapitäne des Landes. Durch einen vorgetäuschten Fahrradunfall wird sein Wagen auf einer Pariser Straße angehalten. Vermummte zerren Graf in ein anderes Auto und verschleppen ihn. In einem Kellergewölbe irgendwo auf dem Land haben sie ein Zelt für ihn aufgestellt.

Als Erstes zwingen die Verbrecher ihn, seinem Freund Jean-Jacques Garnier (Christophe Kourotchkine) einen Brief mit einer Lösegeldforderung zu schreiben. 50 Millionen Euro verlangen die Entführer. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, schneiden sie Graf einen Finger ab und deponieren ihn in einem Schließfach, dessen Schlüssel sie dem Brief beilegen.

Grafs Ehefrau Françoise (Anne Consigny) und seine Mutter Marjorie (Françoise Fabian) erfahren, dass sie das Lösegeld gar nicht bezahlen können, nicht nur, weil Grafs Konten aufgrund der Nachricht über die Entführung gesperrt wurden, sondern vor allem, weil sein Gesamtvermögen nur 20 Millionen Euro beträgt. Françoise dachte, sie besäßen sehr viel mehr und wundert sich darüber.

In der Unternehmensleitung verständigt man sich mit Grafs Stellvertreter André Peyrac (André Marcon) darauf, der Familie des Entführten das Lösegeld notfalls vorzustrecken, aber nur gegen Sicherheiten.

Weil die Entführer damit drohten, Graf zu töten, falls die Polizei eingeschaltet werde, lehnen Françoise und ihr Rechtsanwalt Walser (Alex Descas) eine Zusammenarbeit mit Kommissar Paoli (Michel Voïta) ab.

Der ermittelt jedoch weiter und findet heraus, dass Stanislaff Graf sehr viel Geld in Kasinos verspielte, mehrere Geliebte hat und seit 15 Jahren eine Wohnung besitzt, von deren Existenz seine Frau nichts ahnte. Es dauert nicht lang, bis auch die Medien Einzelheiten darüber erfahren und die Sensationspresse den Fall ausschlachtet. Grafs Ruf wird dadurch ruiniert.

Als die Entführer Garnier anrufen, der das Lösegeld überbringen soll, erklärt er ihnen, dass nicht mehr als 20 Millionen aufzutreiben seien. Daraufhin brechen die Kidnapper das Telefongespräch ab.

Graf muss als Nächstes einen Brief an Véronique (Sarah Messens) schreiben, die ältere seiner beiden Töchter. Auch sie beteuert den Entführern am Telefon, dass die Familie nur 20 Millionen aufbringen könne, aber die Gangster lassen sich nicht darauf ein.

Nun versucht Maître Walser, mehr Geld aufzutreiben und vereinbart mit den Verbrechern eine Geldübergabe am Strand eines Hotels in Belgien. Die Polizei beschattet Walser. Das wiederum bleibt den Entführern nicht verborgen, und sie tauchen deshalb nicht auf.

In eine Kiste gepackt, wird Graf zu einem neuen Versteck transportiert. Dort knipsen die Gangster ein Polaroid von ihm mit einer aktuellen Zeitung und schicken es Garnier, dem sie nun mitteilen, dass sie sich mit 30 Millionen Euro begnügen würden. Garnier sagt zu.

Aber die Geldbündel, mit denen zwei Tragetaschen gefüllt werden, bestehen aus weißem Papier; nur oben und unten sind Banknoten. Außerdem befinden sich Peilsender in den Taschen. Ein Kriminalbeamter, den Garnier als seinen Assistenten ausgibt, fährt damit los und lässt sich über ein Handy von den Entführern dirigieren. Kollegen folgen ihm unter anderem in einem Hubschrauber, verlieren ihn allerdings vorübergehend aus den Augen, als er auf Geheiß der Verbrecher im Parkhaus eines Einkaufszentrums das Fahrzeug wechselt. Immerhin entgeht es der Polizei nicht, dass er zu einem Bahnhof fährt und in einen TGV steigt. Während der Fahrt gelingt es dem Kriminalbeamten, die beiden Männer zu stellen, die seine Reisetaschen an sich genommen haben. Nachdem er einen von ihnen getötet hat, überwältigt und verhaftet er den anderen.

Der behauptet bei der Vernehmung, er und sein Komplize seien von Unbekannten gegen Bezahlung beauftragt worden, die beiden Reisetaschen an sich zu nehmen.


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


Der Entführer, der bei Graf geblieben ist, ändert nach dem Fehlschlag den Plan: Er bringt Graf dazu, drei Schuldscheine über je 50 Millionen Euro zu unterschreiben und kündigt ihm seine Freilassung an, damit er sich nun selbst um die Geldübergabe kümmern kann. Falls er nicht innerhalb der gesetzten Frist bezahle, erklärt der Verbrecher, werde er einen beliebigen Passanten erschießen und bei der Leiche einen der Schuldscheine hinterlassen. Spätestens beim dritten Mord würden die Medien Graf das Leben zur Hölle machen.

Zwei Monate nach seiner Entführung wird Graf außerhalb eines Dorfes mit verbundenen Augen aus einem Lieferwagen gestoßen. Nach einer Weile nimmt er die Augenbinde ab und geht zu einer Gaststätte am Dorfrand. Von dort ruft er seine Frau an. Françoise wird kurz darauf mit einem Streifenwagen gebracht.

Er weint, als er sie umarmt. Sie nicht.

Nur sein Hund freut sich uneingeschränkt über seine Rückkehr. Véronique liebt ihren Vater nach wie vor, auch wenn sie aufgrund der Medienberichte nun Schwierigkeiten hat, ihn zu respektieren. Außerdem stört es sie, dass er sich nicht bei ihrer Mutter entschuldigt und nichts unternimmt, sich mit ihr zu versöhnen. Die jüngere Tochter Martine (Julie Kaye) hält ihn auf Distanz, und Françoise reicht die Scheidung ein.

Ein Untersuchungsrichter hält es für möglich, dass Graf die Entführung selbst inszeniert hat, und zwar in der Hoffnung, der Konzern werde das Lösegeld bezahlen und er könne damit seine Schulden tilgen.

Der Schreibtisch in seinem Büro wurde ausgeräumt. André Peyrac drängt Graf zum Rücktritt, und als dieser nicht dazu bereit ist, eröffnet er ihm, dass auf einer bereits einberufenen außerordentlichen Vorstandssitzung ein neuer Präsident gewählt wird. Peyrac erwartet eine klare Mehrheit für sich. Graf kann nichts dagegen unternehmen, und es bleibt ihm nichts anderes übrig, als seine Anteile zu verkaufen.

Kurz darauf erhält er einen Brief. Er enthält nur ein einziges Wort: CALYPSO. Damit droht ihm der Entführer wohl den ersten Mord an.

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Am 23. Januar 1978 entführte man den 40-jährigen Baron Édouard-Jean Empain, der seit 1971 Vorstandsvorsitzender der Empain-Schneider-Gruppe war, vor seinem Haus in Paris. Die Verbrecher versteckten ihn in einem Zelt im Keller eines Abbruchhauses in Savigny-sur-Orge. Um ihre Lösegeldforderung – 80 Millionen Francs – zu bekräftigen, schnitten sie Empain einen Finger ab. Nachdem einige der Täter festgenommen werden konnten, kam Édouard-Jean Empain am 28. März 1978 frei. Außer seinem Hund habe sich niemand über seine Rückkehr gefreut, behauptete er später. Frustriert verkaufte er 1981 seine Anteile an der Empain-Schneider-Gruppe und fing ein neues Leben an. Die festgenommenen Entführer wurden Ende 1982 zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.

Diesen Fall verwendete Lucas Belvaux als Vorlage für seinen Film „Lösegeld“. Ein klassischer Thriller würde sich um die Ermittlungen in dem Entführungsfall drehen. Lucas Belvaux interessiert sich jedoch mehr für die Auswirkungen des Verbrechens, und sein Film endet deshalb auch nicht mit der Freilassung des Opfers Stanislaff Graf, sondern dauert von da an noch eine halbe Stunde. Das Thrillerdrama „Lösegeld“ veranschaulicht, wie schnell jemand in einer Welt fallen gelassen wird, in der es mehr auf den Schein als auf die Wirklichkeit ankommt. Da zerbrechen Fassaden, Beziehungen und Freundschaften.

Lucas Belvaux entwickelt die tragische Geschichte realistisch und nachvollziehbar im ständigen Wechsel zwischen der Perspektive des Entführten und der Außenwelt. Solange Stanislaff Graf gefangen gehalten wird, geht die Kamera nah an ihn heran und betont dadurch sein Eingesperrtsein. „Lösegeld“ ist ein dialoglastiger Film. Dass Lucas Belvaux nicht auf Action und reißerische Spannung setzt, ist gut, aber ein paar Kürzungen hätten „Lösegeld“ nicht geschadet.

Am Ende bleibt offen, ob Stanislaff Graf wirklich entführt wurde, um Lösegeld zu erpressen. Vielleicht täuschte er selbst die Entführung vor, um Schulden loszuwerden. Es könnte auch sein, dass Konkurrenten die Entführung in der Absicht inszenierten, Graf durch die zu erwartenden Enthüllungen über sein Privatleben in der Öffentlichkeit zu diskreditieren.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2013

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