Die Royal Tenenbaums

Die Royal Tenenbaums

Die Royal Tenenbaums

Die Royal Tenenbaums - Originaltitel: The Royal Tenenbaums - Regie: Wes Anderson - Drehbuch: Wes Anderson und Owen Wilson - Kamera: Robert D. Yeoman - Schnitt: Daniel R. Padgett und Dylan Tichenor - Musik: Mark Mothersbaugh - Darsteller: Gene Hackman, Gwyneth Paltrow, Anjelica Huston, Ben Stiller, Owen Wilson, Luke Wilson, Bill Murray, Danny Glover, Alec Baldwin, Seymour Cassel, Kumar Pallana, Grant Rosenmeyer, Jonah Meyerson, Aram Aslanian-Persico, Irene Gorovaia, Amedeo Turturro, Stephen Lea Sheppard, James Fitzgerald u.a. - 2001; 110 Minuten

Inhaltsangabe

Etheline Tenenbaum zieht ausnahmslos Wunderkinder auf: Chas gilt als Finanzgenie, Richie bringt es zum weltbesten Tennisspieler und die Adoptivtochter Margot erhält als Schülerin den Pulitzerpreis. Die Tenenbaums wären eine Vorzeigefamilie – wenn Royal Tenenbaum sie nicht verlassen hätte. 22 Jahre später sind aus den hoch begabten Kindern orientierungslose Neurotiker geworden ...
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Kritik

In "Die Royal Tenenbaums" balanciert Wes Anderson zwischen Komödie und Familiendrama. Anfangs dominieren Komik und Dialogwitz; in der zweiten Hälfte die ernsthaftere Auseinandersetzung mit den skurrilen Figuren.
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Der erfolgreiche Rechtsanwalt Royal Tenenbaum (Gene Hackman) lebt mit seiner Ehefrau Etheline (Anjelica Huston), den Söhnen Chas und Richie (Aram Aslanian-Persico, Amedeo Turturro) sowie der im Alter von zwei Jahren adoptierten Tochter Margot (Irene Gorovaia) in einer Villa in New York. Die Kinder scheinen große Karrieren vor sich zu haben: Chas züchtet Dalmatinermäuse, gründet als Schüler seine erste Firma, begeistert sich bereits vor der Pubertät für den Immobilienhandel und erweist sich als Finanzgenie. Um keine Zeit zu verlieren, nimmt er seine Mahlzeiten am Schreibtisch stehend in seinem Kinderzimmer ein. Richie zieht einen Falken auf, zeigt schon als Kind ein außergewöhnliches Geschick im Tennis und gewinnt mit siebzehn, achtzehn, neunzehn dreimal in Folge die US-Meisterschaft. Margot schreibt im Alter von acht Jahren ihr erstes Drama und erhält den Pulitzerpreis, bevor sie auf die Highschool kommt. Die Tenenbaums wären also eine Vorzeigefamilie – wenn der verantwortungslose, nie erwachsen gewordene, selbstverliebte Egoist Royal nicht seine Familie im Stich gelassen und sich von ihr getrennt hätte.

Royal Tenenbaum zieht in eine Suite des Lindbergh Palace Hotels. In den Achtzigerjahren wird er aus der Anwaltskammer ausgeschlossen und zu einer Haftstrafe verurteilt, weil er seinem Sohn Chas Aktien stahl und Steuern hinterzog. Als ihm nach zweiundzwanzig Jahren das Geld ausgeht, setzt das Hotel ihn vor die Tür. Da erinnert Royal sich wieder an seine Familie. Obwohl die Ehe trotz der Trennung nie geschieden wurde, denkt die Archäologin Etheline Tenenbaum, die inzwischen eine Reihe von Verehrern gehabt hat und derzeit von ihrem afroamerikanischen Steuerberater Henry Sherman (Danny Glover) umworben wird, nicht daran, Royal wieder bei sich aufzunehmen. Erst als er behauptet, er leide an Magenkrebs und werde in sechs Wochen sterben, ändert sie ihre Meinung.

Auf diese Weise ist die ganze Familie erstmals wieder unter einem Dach vereint, denn die inzwischen erwachsenen Kinder sind eines nach dem anderen wieder zur Mutter gezogen.

Chas Tenenbaum (Ben Stiller) stand eines Tages mit seinen beiden Söhnen Ari und Uzi (Grant Rosenmeyer, Jonah Meyerson) vor der Tür, weil er sich in seinem Haus nicht mehr sicher fühlte. Die Kinder und ihr Hund hatten einen Flugzeugabsturz überlebt, aber ihre Mutter Rachel war unter den Toten gewesen. Seit dem Schock trauert Chas um seine Frau und wird von panischer Angst umgetrieben: Nachts übt er mit seinen Söhnen das Verhalten bei Feueralarm.

Margot (Gwyneth Paltrow) hatte mit neunzehn auf Jamaika den Musiker Desmond (Alem Brhan Sapp) geheiratet, sich nach neun Tagen von ihm scheiden lassen und war nach wilden lesbischen und heterosexuellen Affären die Ehefrau des sehr viel älteren Neurologen Raleigh St. Clair (Bill Murray) geworden. Das machte sie depressiv; sie konnte sich aus ihrer Schreibblockade nicht mehr befreien und schloss sich tagelang im Bad ein, wo sie eine Zigarette nach der anderen rauchte, in der Wanne lag und fernsah. Als sie hörte, dass Chas wieder in ihrem Elternhaus wohnte, wollte auch sie zu ihrer Mutter zurück.

Einen Tag nach Margots Hochzeit mit Raleigh St. Clair hatte Richie (Luke Wilson) ein Match verloren und daraufhin seine Tenniskarriere im Alter von sechsundzwanzig Jahren aufgegeben. Seither reiste er aus Verzweiflung und Liebeskummer jahrelang auf einem Ozean-Dampfer herum, konnte seine heimliche Liebe zu Margot jedoch nicht vergessen. Als er aus einem Telegramm erfuhr, dass Margot wieder zu Hause lebte, verließ er das Schiff in Halifax und kehrte nach New York zurück.

Während Royal Tenenbaum von seiner Krankheit erzählt, liest Chas ungerührt die Zeitung. Die alten Konflikte sind noch immer da und machen es Royal schwer, für Harmonie in der Familie zu sorgen. Als erstes nimmt er sich die beiden von Chas auf Sicherheitsbewusstsein getrimmten Enkel vor, fährt mit ihnen Rennen, bewirft mit ihnen vorbeifahrende Autos mit Unrat und führt mit ihnen Ladendiebstähle durch. Gleichzeitig arbeitet er daran, den neuen Verehrer seiner Frau zu vergraulen, aber Henry Sherman findet sechs Tage nach der Rückkehr seines Rivalen heraus, dass die Klinik, in der Royal Tenenbaum angeblich wegen seiner Krebserkrankung behandelt wird, bereits 1974 geschlossen wurde. Und da Henrys Frau an Magenkrebs starb, weiß er, dass solche Patienten kurz vor dem Tod keine Cheeseburger mehr essen, wie es Royal zu tun pflegt. Also wirft Etheline ihren Ehemann wieder hinaus.

Richie hält es nicht aus, dass Margot mit Eli Cash (Owen Wilson) schläft. In der Kindheit war der Nachbarjunge Eli Richies bester Freund. Inzwischen nimmt er Meskalin und schreibt anspruchslose Romane, hat damit aber großen Erfolg. Aus Liebeskummer schneidet Richie sich die Pulsadern auf, wird aber rechtzeitig von dem verrückten Nachbarjungen Dudley Heinsbergen (Stephen Lea Sheppard) gefunden und im Krankenhaus gerettet.

Weil Royal mittellos ist, arbeiten er und sein alter indischer Freund Pagoda (Kumar Pallana) im Lindbergh Palace Hotel als Liftboys. Royal Tenenbaum gesteht sich nun doch ein, dass seine Ehe gescheitert ist und bietet Etheline die Scheidung an, damit sie Henry Sherman heiraten kann.

Im Alter von achtundsechzig Jahren erliegt Royal Tenenbaum 2001 einem Herzinfarkt. Chas saß als einziger aus der Familie an seinem Sterbebett.

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In seiner originellen, märchenhaften Tragikomödie „Die Royal Tenenbaums“ („The Royal Tenenbaums“) porträtiert Wes Anderson eine kuriose Familie. Die Skurrilität und Exzentrizität ihrer Angehörigen erinnert an „Das Hotel New Hampshire“ von John Irving. Während „Die Royal Tenenbaums“ anfangs durch Komik und Dialogwitz besticht, setzt Wes Anderson sich in der zweiten Hälfte ernsthafter mit den Figuren auseinander. Insgesamt balanciert er zwischen Verspieltheit und Ernsthaftigkeit, Komik und Tragik.

Anderson führt einen immer wieder in die Irre der Gefühle. Immer, wenn man sich auf dem sicheren Boden der Komödie glaubt, wird plötzlich das Entsetzliche sichtbar. Und man sitzt da mit einem unangebrachten Schmunzeln oder der falschen Rührung. (Susan Vahabzadeh in: „Süddeutsche Zeitung“, 13. März 2002)

Ein Sprecher aus dem Off (im Original: Alec Baldwin) erzählt die Geschichte der Royal Tenenbaums, die in acht Kapitel, Prolog und Epilog gegliedert ist. Jedes Kapitel beginnt mit einem Blick in ein Buch, während aus dem Off die ersten Zeilen vorgelesen werden. Großen Wert legten die Filmemacher auf die Kostüme und Interieurs. Die bunten Bilder folgen einer durchdachten Farbregie. Außergewöhnlich ist auch die Besetzung.

Neben der Filmmusik von Mark Mothersbaugh sind in „Die Royal Tenenbaums“ folgende klassische Stücke und Songs zu hören:

  • Georges Enesco: aus der Sonate für Cello und Klavier in f-Moll
  • Maurice Ravel: aus dem Streicherquartett in F-Dur
  • Erik Satie: aus „Gymnopédie“ Nr. 1
  • Antonio Vivaldi: aus dem Konzert für Laute und Mandoline
  • Van Morrison: „Everyone“
  • Paul Simon: „Me and Julio Down by the Schoolyard“
  • Jackson Browne: „These Days“; „Fairest Of The Seasons“
  • Nick Drake: „Fly“
  • Mick Jagger, Keith Richards: „Ruby Tuesday“; „She Smiled Sweetly“
  • John Lennon, Paul McCartney: „Hey Jude“
  • John Lennon: „Look At Me“
  • Dee Dee Ramone, Joey Ramone, Johnny Ramone, Tommy Ramone: „Judy Is a Punk“
  • Elliott Smith: „Needle In The Hay“
  • Joe Strummer: „Police and Thieves“
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005/2006

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