Whatever Works. Liebe sich wer kann

Whatever Works. Liebe sich wer kann

Whatever Works. Liebe sich wer kann

Whatever Works. Liebe sich wer kann – Originaltitel: Whatever Works – Regie: Woody Allen – Drehbuch: Woody Allen – Kamera: Harris Savides – Schnitt: Alisa Lepselter – Darsteller: Larry David, Evan Rachel Wood, Patricia Clarkson, Ed Begley jr., Conleth Hill, Michael McKean, Henry Cavill, Kristen Johnston u.a. – 2009; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Bei Boris Yellnikoff handelt es sich um einen emeritierten Physikprofessor. Eines Tages lässt der hypochondrische Misanthrop sich überreden, die 19-jährige Ausreißerin Melodie in seinem Haus übernachten zu lassen. Sie ist das krasse Gegenteil von ihm: Jung und lebensfroh, naiv und optimistisch. Nach einem Jahr heiraten die beiden. Einige Zeit später tauchen Melodies geschiedene Eltern auf, und die bigotten Südstaatler lassen sich von der Lebenslust in New York anstecken ...
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Kritik

Über Realismus und Plausibilität setzt Woody Allen sich in "Whatever Works. Liebe sich wer kann" souverän hinweg. Die unterhaltsame Komödie entwickelt ihre eigene Logik und wirkt vor allem durch pointierte Dialoge.
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Boris Yellnikoff (Larry David) sitzt in einem Straßencafé in Manhattan und schwadroniert vor seinen Freunden (Adam Brooks, Lyle Kanouse, Michael McKean) über die Sinnlosigkeit des Daseins und die guten, aber realitätsfremden Ansätze von Jesus Christus und Karl Marx. Er sagt: „Als Schwarzer kann man heute zwar ins Weiße Haus kommen, aber das heißt noch lange nicht, dass man auch ein Taxi kriegt.“ Der Zyniker vertritt die Meinung, dass verantwortungsbewusste Eltern ihre Kinder statt ins Ferienlager für ein paar Wochen in ein Konzentrationslager schickten sollten, dann würden die Bälger lernen, wozu die menschliche Rasse imstande ist.

Der 70-jährige jüdische Misanthrop war früher Physikprofessor an der Columbia University, lehrte String Theorie und wäre beinahe für den Nobelpreis nominiert worden. Sein IQ, so sagt er, betrage 200, und er hält sich für ein Genie. Er war mit Jessica (Carolyn McCormick) verheiratet, einer schönen Frau aus einer reichen Familie. Doch eines Morgen um 4 Uhr schreckte er wieder einmal aus einem Albtraum hoch und erlitt bei dem Gedanken, einmal sterben zu müssen, eine Panikattacke. Vor den Augen seiner Frau sprang er aus dem Fenster. Aber er landete auf dem Baldachin eines Geschäfts und überlebte den Selbstmordversuch. Seither hinkt er allerdings. Und Jessica ließ sich von ihm scheiden.

Die Mitmenschen kommen ihm aus seinem Blickwinkel wie Mikroben vor. Das gilt vor allem auch für die Kinder, denen er notgedrungen Schachunterricht gibt, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Boris weist seine Freunde im Straßencafé darauf hin, dass sie beobachtet werden und deutet auf uns Zuschauer. Als Einziger nimmt er ein Popcorn essendes Publikum wahr. Er steht auf, geht in seiner kurzen Hose auf uns zu und spricht uns direkt an. Ein kleiner Junge (Clifford Lee Dickson), der mit seiner Mutter (Yolonda Ross) vorbeikommt, wundert sich über den Mann, der augenscheinlich Selbstgespräche führt.

Kurz darauf wird Boris vor seiner Haustüre von einem Mädchen angesprochen. Melodie St. Ann Celestine (Evan Rachel Wood), so heißt die 19-Jährige, stammt aus Mississippi, und sie ist zu Hause ausgerissen. Nun hat sie Hunger. Widerstrebend nimmt der Infektionen fürchtende Hypochonder und Zwangsneurotiker die Streunerin mit hinein und gibt ihr etwas zu essen. Danach bettelt Melodie darum, auf dem Sofa übernachten zu dürfen. Boris erlaubt es ihr für eine Nacht, aber nach einem Monat ist sie noch immer da.

Sie ist das krasse Gegenteil von ihm: Jung und schön, lebensfroh, optimistisch und positiv denkend, gutmütig, naiv und offen.

Freudestrahlend erzählt sie ihm schließlich, sie habe jetzt einen Job als Hundesitterin und könne deshalb Miete zahlen.

Beim Ausführen der Hunde lernt sie den Studenten Perry (John Gallagher jr.) kennen. Die beiden verabreden sich. Aber von dem Rendezvous kommt Melodie enttäuscht nach Hause. Sie erzählt Boris, Perry sei kritiklos und finde alles gut. Und seine Freunde wüssten nichts von der String Theorie. Stattdessen hielten sie die Liebe für die Antwort auf alles.

Boris düstere Weltauffassung färbt zunehmend auf Melodie ab und überlagert oberflächlich ihre positive Grundeinstellung. Gedanken, die sie von ihm übernimmt, passt sie ihrem etwas beschränkteren Horizont an und fügt sie in ihre Konservation mit ein.

Nach einem Jahr heiraten Boris und Melodie.

Als Melodie Heavy Metal hört, nimmt Boris die CD aus dem Player und schiebt stattdessen eine Aufnahme von Beethovens 5. Sinfonie hinein. Sie solle darauf achten, wie das Schicksal an die Türe klopft, sagt er, bevor er in die Dusche geht.

Während die markanten ersten Takte der Schicksalssinfonie erklingen, pocht es an der Türe. Melodie öffnet – und steht ihrer Mutter Marietta (Patricia Clarkson) gegenüber. Endlich habe sie ihre Tochter wiedergefunden, jubelt sie und verlangt nach etwas Alkoholischem, während sie ihren großen Koffer in die Wohnung schleift. Sie ist entsetzt über das „Rattenloch“, und als Melodie ihr eröffnet, dass sie verheiratet sei, vermutet sie als Ehemann einen erfolglosen Rockmusiker. Umso größer ist der Schock, als Boris aus dem Bad kommt. Marietta fällt in Ohnmacht.

Sobald sie wieder zu sich kommt, nimmt sie sich vor, Melodie mit einem jüngeren Mann zu verkuppeln.

Während Melodie ihr New York zeigt, berichtet sie, dass sie sich scheiden ließ und ihr Ex-Mann, Melodies Vater, inzwischen sogar das Haus verkaufen musste, weil er pleite ist.

In einem Straßencafé lernt Marietta Boris‘ Freund Leo Brockman (Conleth Hill) kennen. Und auf dem Weg zur Toilette wird sie von einem jungen Schauspieler namens Randy Lee James (Henry Cavill) nach ihrer hübschen Tochter gefragt.

Leo Brockman geht mit Marietta aus. Er ist begeistert von den Schnappschüssen, die sie mit ihrer kleinen Kodak-Kamera gemacht hat. Sie sei ein Naturtalent, meint er und macht sie mit dem Galeristen Al Morgenstern (Olek Krupa) bekannt, mit dem er sich ein Apartment teilt. Der verspricht ihr eine Ausstellung. Die bigotte Südstaatlerin mutiert zur New Yorker Künstlerin, zieht zu Brockman und Morgenstern und genießt es, mit beiden zugleich ins Bett zu gehen.

Trotz ihrer dramatischen Veränderung bleibt eines gleich: Ihr Hass auf den Schwiegersohn. Sie gibt Randy deshalb immer wieder Tipps, wo er Melodie scheinbar zufällig treffen könne.

Nach einigen vergeblichen Anläufen gelingt es Randy, Melodie auf sein Hausboot zu locken. Dort küsst er sie.

Überraschend taucht jetzt auch Melodies Vater John (Ed Begley jr.) auf, der noch nicht weiß, dass seine Ex-Frau die verlorene Tochter bereits gefunden hat. Der Südstaatler geht davon aus, dass Melodie entführt und zwangsverheiratet worden sei.

Boris und Melodie nehmen ihn im Taxi mit zu Al Morgensterns Galerie, wo gerade Mariettas Vernissage stattfindet. John ist verblüfft, seine Ex-Frau in einer Ausstellung von Akt-Fotografien zu sehen. Auch ihre Aufmachung irritiert ihn. Sie werde doch hoffentlich nicht so ein unanständiges Bild kaufen wollen, meint er. Erst jetzt erfährt er, dass Marietta die Künstlerin ist, von der die Akt-Aufnahmen stammen.

Aufgewühlt geht John in eine Kneipe und kippt ein paar Gläser Schnaps. Da setzt sich ein Mann namens Howard (Christopher Evan Welch) zu ihm an die Theke. Er sei von seinem Lebensgefährten verlassen worden, klagt Howard. John kann es kaum glauben, dass Howard mit einem anderen Mann zusammenlebte. Aber dann gibt er zu, Marietta nur aus Angst vor seinen homosexuellen Neigungen geheiratet zu haben. Die beiden Männer kommen sich näher und werden ein Paar.

Melodie gesteht Boris, dass sie sich in einen jungen Mann verliebte. Daraufhin stürzt Boris sich erneut aus dem Fenster. Diesmal landet er auf einer Passantin. Während er unverletzt bleibt, muss Helena (Jessica Hecht) für einige Zeit ins Krankenhaus. Sie sei Hellseherin, erklärt sie ihm, als er sie besucht.

Silvester feiern sie alle zusammen: John und Howard, Marietta, Leo und Al, Melodie und Randy, Boris und Helena.

Noch einmal wendet Boris sich direkt ans Publikum. Die anderen Partygäste wundern sich darüber und fragen, mit wem er da rede. Da meint Boris, zumindest anfangs seien da noch ein paar Zuschauer gewesen.

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„Whatever Works. Liebe sich wer kann“ ist eine Komödie von Woody Allen. Unverkennbar handelt es sich bei der von Larry David gespielten Figur des emeritierten Physikprofessors Boris Yellnikoff um ein Alter ego des selbstironischen Regisseurs und Drehbuchautors. In vielen seiner Filme gibt Woody Allen dem Protagonisten eigene Ansichten und Wesenszüge mit. In „Whatever Works. Liebe sich wer kann“ gibt es darüber hinaus noch eine Parallele, denn Woody Allen ist seit 1997 mit Soon-Yi Previn verheiratet, der 35 Jahre jüngeren Adoptivtochter seiner früheren Ehefrau Mia Farrow.

Das Drehbuch schrieb Woody Allen bereits in den Siebzigerjahren. Zero Mostel war damals als Hauptdarsteller vorgesehen. Als dieser am 8. September 1977 im Alter von 62 Jahren starb, legte Woody Allen das Script in eine Schublade. 30 Jahre später zog er es wieder heraus und realisierte den Film mit Larry David in der Hauptrolle.

Dass der Protagonst das Kinopublikum wahrnimmt und direkt anspricht, also gewissermaßen die Leinwand durchbricht wie in „The Purple Rose of Cairo“, ist natürlich unrealistisch. Über Realismus und Plausibilität setzt Woody Allen sich in „Whatever Works. Liebe sich wer kann“ souverän hinweg. Der Film entwickelt seine eigene Logik und wirkt vor allem durch pointierte Dialoge. Es ist einfach immer wieder unterhaltsam, den schrägen Gedanken und Bonmots Woody Allens zu folgen.

Nach „Melinda und Melinda“ drehte Woody Allen vier Filme in Europa. Mit „Whatever Works. Liebe sich wer kann“ kehrte er nach New York zurück.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2013

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Woody Allen: Der Stadtneurotiker
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