Adolf Muschg


Friedrich Adolf Muschg wurde am 13. Mai 1934 in Zollikon im Kanton Zürich geboren, und zwar als Sohn des Grundschullehrers Friedrich Adolf Muschg Senior (1872 – 1948) und dessen zweiter Ehefrau Frieda (geb. Ernst), einer Krankenschwester. Adolf Muschgs Halbbruder aus der ersten Ehe des Vaters war zu diesem Zeitpunkt bereits Mitte 30. Ab 1946 besuchte Adolf Muschg das Kantonale Literargymnasium in Zürich. Nach zwei Jahren im Internat der Evangelischen Lehranstalt Schiers schloss er die Schulbildung 1953 mit der Matura am Literargymnasium Rämibühl in Zürich ab. Adolf Muschg studierte von 1953 bis 1959 Germanistik, Anglistik und Psychologie in Zürich und zwischendurch in Cambridge. 1959 promovierte er mit einer Dissertation über Ernst Barlach bei Emil Staiger in Zürich.

Von 1959 bis 1962 unterrichtete Adolf Muschg Deutsch an der Kantonalen Oberrealschule in Zürich. Dann lehrte er an der International Christian University Tokyo (1962 – 1964), als wissenschaftlicher Assistent an der Universität Göttingen (1964 – 1967), Assistant Professor an der Cornell University in Ithaca/New York (1967 – 1969) und Forscher an der Universität Genf (1969/70). 1970 wurde Adolf Muschg als Professor für Deutsche Sprache und Literatur an die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich berufen. Nachdem er 1997 noch ein Graduiertenkolleg an der Semper-Sternwarte Zürich gegründet hatte, emeritierte Adolf Muschg 1999.

1967 hatte Adolf Muschg die fünf Jahre jüngere, in Bremen geborene Schweizer Übersetzerin und Schriftstellerin Hanna Johansen (bürgerlich: Hanna Margarete Meyer) geheiratet.

Nachdem er mit ihr aus den USA zurückgekehrt war, trat Adolf Muschg 1969 mit Max Frisch, Friedrich Dürrenmatt und anderen Autoren aus dem Schweizer Schriftstellerverband aus. Die „Sezessionisten“ gründeten am 25. April 1971 in Biel die Gruppe Olten, die bis 2002 bestand.

Adolf Muschg erhielt zahlreiche Auszeichnungen, so den Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis (1968), den Hermann-Hesse-Preis (1974), den Zürcher Literaturpreis (1984), die Carl-Zuckmayer-Medaille (1990), den Ricarda-Huch-Preis (1993), den Georg-Büchner-Preis (1994), den Grimmelshausen-Preis (2001) und den Deutschen Verdienstorden (2004).

Von 1988 bis 1993 moderierte Adolf Muschg die Fernsehsendung „Baden-Badener Disput“.

2003 wurde Adolf Muschg zum Präsidenten der Akademie der Künste in Berlin gewählt, aber von diesem Amt trat er Ende 2005 im Streit zurück.

Für Irritationen sorgte Adolf Muschg auch durch einen am 15. März 2010 im Berliner Tagesspiegel und im Zürcher Tages-Anzeiger veröffentlichten Artikel, in dem er den ehemaligen Leiter der Odenwaldschule gegen die angebliche Hetzjagd der Medien verteidigte:

Auch die Odenwaldschule, damals schon 50 Jahre alt, wurde unter der Leitung Gerold Beckers Teil dieser praktischen Reform. Damals brauchte er seine Neigungen, die jetzt am Pranger stehen, nicht zu verleugnen. Die Grundlegung des „pädagogischen Eros“ findet sich in den Schriften Platons, die vom Körperlichen der Lehrer-Schüler-Beziehung durchaus nicht absehen. War Sokrates ein Päderast? Eine solche Frage ist wie ein roher Griff, der jeden delikaten Stoff unkenntlich macht. […] Erotik ist immer Grenzüberschreitung – es ist nur die Frage, ob sie uns willkommen ist oder nicht. Dass die Reformpädagogik sie nicht tabuisierte, hat man ihr lange als Leistung gutgeschrieben. Sie hat versucht – ganz anders als die klerikalen Fälle von Missbrauch – keine doppelte Moral zu rechtfertigen, weil sie diese als Hindernis zu einer offenen Gesellschaft betrachtet, die mit ungelösten Fragen umgehen kann. […] Ja, wir haben einen „Paradigmawechsel“, was die Sexualität betrifft: mit Gewinnern und Verlierern. Aber das stolze Wort kann auch Restauration von Barbarei bedeuten, „null Toleranz“, die Machtergreifung der Fantasielosigkeit. Gestern noch wurde die Odenwaldschule Beckers vom Beinahe-Mainstream der befreiten Schule getragen. Heute ist aus der Brücke zwischen den Generationen, die er geschlagen hat, eine Klinge geworden, über die man ihn springen lassen möchte.
(Adolf Muschg: Nähe ist ein Lebensmittel, kein Missbrauch, Der Tagesspiegel, 15. März 2010)

Lorenz Maroldt, der Chefredakteur des Tagesspiegels, distanzierte sich am nächsten Tag von der Entgleisung.

In zweiter Ehe ist Adolf Muschg mit der Japanologin Atsuko Muschg verheiratet.

Adolf Muschg: Bibliografie (Auswahl)

  • Im Sommer des Hasen (1965)
  • Gegenzauber (1967)
  • Fremdkörper (1968)
  • Rumpelstilz. Ein kleinbürgerliches Trauerspiel (1968)
  • Mitgespielt (1969)
  • Papierwände (1970)
  • Die Aufgeregten von Goethe. Ein politisches Drama (1971)
  • Liebesgeschichten (1972 – Der Zusenn oder das Heimat)
  • Albissers Grund (1974)
  • Kellers Abend. Ein Stück aus dem 19. Jahrhundert (1975)
  • Entfernte Bekannte (1976)
  • Noch ein Wunsch (1979)
  • Baiyun oder die Freundschaftsgesellschaft (1980)
  • Leib und Leben (1982 – Der 13. Mai)
  • Das Licht und der Schlüssel. Erziehungsroman eines Vampirs (1984)
  • Rumpelstilz (1986)
  • Goethe als Emigrant (1986)
  • Deshima. Filmbuch (1987)
  • Der Turmhahn und andere Liebesgeschichten (1987)
  • Der Rote Ritter. Eine Geschichte von Parzival (1993)
  • Herr, was fehlt Euch?
    Zusprüche und Nachreden aus dem Sprechzimmer des heiligen Grals (1994)
  • Nur ausziehen wollte sie sich nicht (1995)
  • Die Insel (die Kolumbus nicht gefunden hat. Sieben Gesichter Japans (1995)
  • O mein Heimatland! (1998)
  • Sutters Glück (2001)
  • Das gefangene Lächeln (2002)
  • Gehen kann ich allein und andere Liebesgeschichten (2003)
  • Der Schein trügt nicht. Über Goethe (2004)
  • Von einem, der auszog, leben zu lernen- Goethes Reisen in die Schweiz (2004)
  • Eikan (du bist spät (2005)
  • Wenn es ein Glück ist. Liebesgeschichten aus vier Jahrzehnten (2008)
  • Kinderhochzeit (2008)
  • Sax (2010)
  • Löwenstern (2012)

Literatur über Adolf Muschg:

  • Hans-Bernd Bunte: Das Lächeln von Antikratos. Mythos, Liebe und Tod in Adolf Muschgs Roman „Kinderhochzeit“ (Marburg 2012)
  • Hans-Bernd Bunte: Vom Ende aller Zeiten. Spuk, Kunst und Religion in Adolf Muschgs Roman „Sax“ (Marburg 2013)
  • Manfred Dierks (Hg.): Adolf Muschg (Frankfurt/M 1989)
  • Manfred Dierks: Adolf Muschg. Lebensrettende Phantasie. Ein biographisches Porträt (München 2014)
  • Christoph Gellner: Westöstlicher Brückenschlag. Literatur, Religion und Lebenskunst bei Adolf Muschg (Zürich 2010)
  • Fausia Hassan: Die Beziehungsmuster der Frauen in Adolf Muschgs literarischer Welt (Dissertation, Marburg 1991)
  • Klaus Isele, Adrian Naef (Hg.): Dasein als Da Sein. Adolf Muschg zum 75. Geburtstag (Eggingen 2009)
  • Anne Meinberg: „Von der Liebe will ich erzählen.“ Liebe und Sexualität im Erzählwerk von Adolf Muschg. Eine vergleichende Textanalyse ausgewählter Erzählungen unter Einbeziehung des Romans „Eikan, du bist spät“ (Bonn 2007)
  • Judith Ricker-Abderhalden (Hg.): Über Adolf Muschg (Frankfurt/M 1979)
  • Renate Voris: Adolf Muschg (München 1984)

© Dieter Wunderlich 2014 / 2015

Siegfried Sommer - Und keiner weint mir nach
In "Und keiner weint mir nach" erzählt Sigi Sommer Geschichten über die Mieter im Haus Mondstraße 46 in München. Er hat gut beobachtet, wie sich einfache Leute im Alltag verhalten, und obwohl einige der Schicksale tragisch enden, bleibt der Grundtenor launig und humorvoll.
Und keiner weint mir nach